Einbruch in verlassene Wohnung

Wenn der Täter eine verlassene Wohnung für noch bewohnt hält, begeht er den Versuch eines Einbruchdiebstahls. Der Bundesgerichtshof grenzte in seinem Urteil vom 24.06.2020 auch das Verhältnis von Rückführungsrichtlinie zu Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz ab.

Ein Albaner auf Einbruchstour

Der Angeklagte ist Albaner und wurde 2016 ohne Reisedokument in Deutschland angetroffen. Für ihn bestand zu diesem Zeitpunkt bereits eine Einreisesperre für das Schengengebiet. Im Jahr 2018 reiste er erneut über Ungarn nach Deutschland ein. Neben anderen Einbrüchen versuchte er 2017, in eine noch möblierte Wohnung einzubrechen, deren Bewohnerin einige Wochen zuvor in ein Pflegeheim umgezogen und wenige Tage vor der Tat verstorben war. Das Landgericht Saarbrücken lehnte eine Verurteilung wegen versuchten Wohnungseinbruchsdiebstahls ab, wogegen die Staatsanwaltschaft Revision einlegte. Der Angeklagte, der wegen mehrfacher Delikte und Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt wurde, wehrte sich unter anderem gegen die Verurteilung nach dem Aufenthaltsgesetz, weil er im Hinblick auf die Rückführungsrichtlinie freigesprochen werden wollte.

Abgrenzung Wohnung - Privatwohnung in § 244 StGB

Eine Wohnung nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 kann auch eine verlassene Immobilie sein, es sei denn, sie ist als solche entwidmet. Eine Privatwohnung im Sinne des § 244 Abs. 4 StGB hingegen muss dauerhaft als solche genutzt werden, urteilten die Karlsruher Richter. Nur der Einbruch in bewohnte Räume habe eine massive Schädigung des Sicherheitsgefühls für den Betroffenen zur Folge und rechtfertige damit die Erhöhung der Mindeststrafe auf ein Jahr Freiheitsstrafe. Im Unterschied zum Landgericht Saarbrücken, führte der BGH aber aus, dass es bei einer versuchten Straftat auf die Vorstellung des Täters - und nicht auf die objektiven Umstände - ankommt. Da der Einbrecher nichts von dem Tod der Bewohnerin gewusst habe, habe er geplant, in eine genutzte Privatwohnung einzudringen.

Richtlinienkonforme Auslegung der Rückführungsrichtlinie

Die Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG) sieht unter anderem vor, Drittstaatsangehörige, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten, vorrangig in ihren Heimatstaat zurückzuführen. Es sollen keine freiheitsentziehende Sanktionen wegen Verletzung der Aufenthaltsbestimmungen verhängt oder vollstreckt werden, soweit sie das Rückführungsverfahren verzögern. Das gelte aber nicht für einen erneuten Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz, der bereits eine Einreisesperre nach sich zog: In diesem Fall könne der Drittstaatsangehörige auch mit freiheitsentziehenden Sanktionen belegt werden, so die Karlsruher Richter. Außerdem schließe die Richtlinie nicht aus, die Verwirklichung anderer Straftaten außerhalb des Aufenthaltsgesetzes zu ahnden. Allerdings sah der BGH in einem Fall der Verletzung von § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG von der Strafe ab, um der Richtlinie zu entsprechen.

BGH, Urteil vom 24.06.2020 - 5 StR 671/19

Redaktion beck-aktuell, 3. August 2020.