BGH: Bäckereicafés dürfen den ganzen Sonntag Brötchen verkaufen

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 17.10.2019  entschieden, dass der Verkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb an Sonntagen auch außerhalb der Ladenschlusszeiten zulässig ist. Es greife in diesen Fällen § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes, der die normalen Ladenschlussvorschriften überschreibe (Az.: I ZR 44/19).

Brötchenverkauf an Sonn- und Feiertagen über erlaubte 3 Stunden hinaus

Die Beklagte stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in ihren Filialen in München. Sie veräußerte in zwei Filialen an Sonntagen über einen Zeitraum von jeweils mehr als drei Stunden Brote und unbelegte Brötchen. In einer anderen Bäckerei-Verkaufsstelle wurden an einem Pfingstmontag eine Brezel, unbelegte Brötchen sowie ein Laib Brot verkauft. Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, meint, die Beklagte habe damit gemäß § 3a UWG unlauter gehandelt, weil sie gegen § 3 Satz 1 Nr. 1 LadSchlG sowie § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen verstoßen habe.

Alle Instanzen wiesen Klage ab

Sie nahm die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Auch die Berufung der Klägerin war ohne Erfolg geblieben. Nun hat der Bundesgerichtshof auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Verkaufserlaubnis bei Kombination mit Café

Hinsichtlich des Sonntagsverkaufs von Backwaren in den beiden von der Beklagten betriebenen Filialen hat der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, diese Verkäufe seien nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes erlaubt gewesen. Bei diesen Filialen handele es sich um Gaststättengewerbe im Sinn von § 1 Abs. 1 des Gaststättengesetzes, weil die Beklagte dort auch Cafés betreibe, in denen sie Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreiche. Der Anwendung des Gaststättenrechts stehe nicht entgegen, dass die Beklagte innerhalb desselben Raums neben einem Café eine Bäckerei-Verkaufsstelle betreibe. Desgleichen komme es nicht darauf an, dass sie die Speisen und Getränke im Café zur Selbstbedienung bereitstelle.

Gaststättengesetz einschlägig

Die von der Beklagten im Café verabreichten Brötchen und Brote dürften nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes außerhalb der gaststättenrechtlichen Sperrzeiten und ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden. Nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung handele es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um - durch den Backvorgang - essfertig gemachte Lebensmittel. Diese würden in den Cafés der Beklagten verabreicht. Dass die Beklagte das Brot im Café in geschnittener Form anbiete, im Straßenverkauf aber ganze Brotlaibe veräußere, und die Gäste des Cafés die Brötchen und die Brotscheiben selbst bestreichen oder belegten, ändere an dieser Beurteilung nichts.

Betreiber durfte von sofortigem Verzehr ausgehen

Da die Zulässigkeit eines Straßenverkaufs nicht voraussetze, dass die Speisen in der Gaststätte zubereitet worden sind, komme es ferner nicht darauf an, wo die Brötchen und Brote gebacken wurden. Eine zulässige Abgabe zum alsbaldigen Verzehr liege zwar nur vor, wenn der Betreiber der Gaststätte annehmen dürfe, dass die abgegebenen Waren im Wesentlichen zum sofortigen Verbrauch erworben werden. Davon habe die Beklagte aber im Blick auf Art und Menge der bei den beanstandeten Verkäufen abgegebenen Backwaren ausgehen dürfen.

Eine Verkaufsstelle wurde nicht von Klägerin betrieben

Das Berufungsgericht habe hinsichtlich des Verkaufs in der Bäckerei-Verkaufsstelle am Pfingstmontag zu Recht angenommen, die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe schon nicht dargetan, dass die Beklagte die Verkaufsstelle selbst betreibt oder von einem Beauftragten betreiben lässt und somit für diesen Verkauf verantwortlich ist.

BGH, Urteil vom 17.10.2019 - I ZR 44/19

Redaktion beck-aktuell, 17. Oktober 2019.