BFH: Bauträger kann Entfallen rechtswidriger Besteuerung ohne Einschränkung geltend machen

Ist ein Bauträger rechtsirrig davon ausgegangen, als Leistungsempfänger Steuerschuldner für von ihm bezogene Bauleistungen zu sein, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung ohne Einschränkung geltend machen. Dies geht aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.09.2018 hervor, mit dem das Gericht eine Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums verwirft. Wie der BFH betont, betrifft die Entscheidung nahezu die gesamte Bauträgerbranche, die in der Vergangenheit Wohnungen ohne Vorsteuerabzug errichtet und umsatzsteuerfrei verkauft ("geliefert") hat (Az.: V R 49/17).

Neuregelung im Jahr 2014

Die Finanzverwaltung sei hier über einen mehrjährigen Zeitraum bis zum Februar 2014 davon ausgegangen, dass diese Bauträger Steuerschuldner für die von ihnen bezogenen Bauleistungen sind, so der BFH. Diese Verwaltungspraxis habe der BFH mit einem im November 2013 veröffentlichten Urteil verworfen (DStR 2013, 2560). Vordergründig habe sich dadurch die Möglichkeit eines Wohnungsbaus ohne Umsatzsteuerbelastung eröffnet: Bauunternehmer konnten laut BFH im Hinblick auf die ausdrückliche Weisungslage der Finanzverwaltung darauf vertrauen, die von ihnen erbrachten Bauleistungen nicht versteuern zu müssen – der Bauträger sei entgegen der Annahme der Finanzverwaltung nach der BFH-Rechtsprechung von vornherein kein Steuerschuldner gewesen. Der Gesetzgeber habe hierauf im Jahr 2014 mit einer Neuregelung reagiert, die seitdem die Steuerschuldnerschaft im Baubereich eindeutig regele. Zudem sei der Vertrauensschutz beim Bauunternehmer für die Vergangenheit gesetzlich eingeschränkt worden. Letzteres habe der BFH bereits im Wesentlichen gebilligt (DStR 2017, 777).

Einschränkungen nach BFH-Urteil rechtswidrig

Ungeklärt war laut BFH bislang, ob die Finanzverwaltung zur Verhinderung von Steuerausfällen, die in einstelliger Milliardenhöhe befürchtet werden, berechtigt ist, Erstattungsverlangen der Bauträger für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 nur nachzukommen, wenn der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht (DStR 2017, 1707). Diese Einschränkungen seien nach dem jetzt ergangenen Urteil des BFH rechtswidrig. Zentrale Streitfrage sei dabei gewesen, ob der Bauträger treuwidrig handelt, wenn er von seinem Finanzamt die Rückgängigmachung der bei ihm rechtswidrig vorgenommenen Besteuerung verlangt, ohne Umsatzsteuer an die Bauunternehmer zu zahlen, von denen er Bauleistungen bezogen hat. Dies verneint der BFH. Die Annahme eines treuwidrigen Urteils kommt danach nicht in Betracht, wenn die Finanzverwaltung aufgrund einer rechtlichen Fehlbeurteilung die entscheidende Ursache für eine unzutreffende Besteuerung gesetzt hat.

BFH, Urteil vom 27.09.2018 - V R 49/17

Redaktion beck-aktuell, 14. November 2018.