BFH: Verkauf von "Wiesnbrezn" durch "Breznläufer" auf Oktoberfest steuerbegünstigt 

Verkauft ein Brezelverkäufer auf den Oktoberfest in Festzelten "Wiesnbrezn" an die Gäste des personenverschiedenen Festzeltbetreibers, ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7% für Lebensmittel anzuwenden. Der Bundesfinanzhof hat mit einem Urteil vom 03.08.2017 die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zurückgewiesen, die im Verkauf der Brezeln durch den Brezelverkäufer einen restaurantähnlichen Umsatz gesehen hatte, der dem Regelsteuersatz von 19% unterliegen sollte. Das Urteil ist zu den Streitjahren 2012 und 2013 ergangen. Bei gleichbleibenden Verhältnissen sei seine kurz vor Beginn des Oktoberfests 2017 veröffentlichte Entscheidung allerdings auch für die Folgejahre zu beachten, betonte der BFH (Az.: V R 15/17).

Für Finanzamt überwiegt Dienstleistungselement

Im Streitfall pachtete die Klägerin während des Oktoberfestes Verkaufsstände in mehreren Festzelten an. Die von ihr beschäftigten "Breznläufer" gingen durch die Reihen des Festzelts und verkauften die Brezeln an die an Bierzelttischen sitzenden Gäste des Festzeltbetreibers. Das Finanzamt sah hierin umsatzsteuerrechtlich eine sogenannte sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliege. Es sei ein überwiegendes Dienstleistungselement gegeben, weil der Klägerin die von den Festzeltbetreibern bereitgestellte Infrastruktur, bestehend aus Zelt mit Biertischgarnituren und Musik, zuzurechnen sei. Das Finanzgericht bestätigte dies.

BFH geht umsatzsteuerrechtlich von Lieferung aus

Der BFH hat das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und der Klage stattgegeben. Der Verkauf der Brezeln führe umsatzsteuerrechtlich zu einer Lieferung der Backwaren, die ermäßigt zu besteuern ist. Die in den Festzelten aufgestellten Biertischgarnituren, bestehend aus Tischen und Bänken, hätten den eigenen Gastronomieumsätzen des Festzeltbetreibers gedient. Damit habe es sich um für die Klägerin fremde Verzehrvorrichtungen gehandelt, an denen der Klägerin kein eigenes Mitbenutzungsrecht zugestanden habe. Sie habe keine Verfügungs‑ oder Dispositionsmöglichkeit in dem Sinne erlangt, dass sie Besuchern Sitzplätze im Festzelt zuweisen habe können. Es sei nach der "Realität" im Bierzelt auch nicht davon auszugehen, dass Personen, die ausschließlich Brezeln von der Klägerin erwarben, zur Nutzung der Biertischgarnituren berechtigt gewesen wären, ohne zusätzliche Leistungen des Festzeltbetreibers in Anspruch nehmen zu müssen.

BFH, Urteil vom 03.08.2017 - V R 15/17

Redaktion beck-aktuell, 13. September 2017.