BFH: Keine Kapitalertragsteuer auf Rücklagen bei Regiebetrieben

Gemeinden dürfen bei ihren Regiebetrieben Rücklagen bilden, die bis zu ihrer Auflösung die Kapitalertragsteuer mindern. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 30.01.2018 entschieden. Er erteilte damit der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach dies von weiteren Voraussetzungen abhängig sei, eine Absage (Az.: VIII R 42/15, BeckRS 2018, 8796).

Kapitalertragsteuer nachgefordert

Im Streitfall hatte die klagende Stadt die handelsrechtlichen Jahresüberschüsse ihres Betriebs gewerblicher Art (BgA) Schwimmbäder, der als Regiebetrieb geführt wurde, in den Jahren 2005 und 2006 als Gewinnvortrag ausgewiesen. Die Gewinne stammten maßgeblich aus Dividendeneinnahmen, die zwar auf das Bankkonto der Klägerin flossen, aber vom BgA in einem verzinsten Verrechnungskonto erfasst waren. Die Klägerin ging davon aus, dass insoweit keine der Kapitalertragsteuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlagen. Zu diesen gehört nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nur der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn eines BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Das Finanzamt und das Finanzgericht erkannten demgegenüber die Gewinnvorträge nicht als Rücklage im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG an, so dass es zu einer Nachforderung von Kapitalertragsteuer kam. Die Klägerin legte schließlich Revision ein.

BFH: Keine gesetzliche Differenzierung zwischen Eigen- und Regiebetrieben

Die Revision hatte Erfolg. Der BFH hob das FG-Urteil und die angegriffenen Nachforderungsbescheide auf. Er entschied, dass Regiebetriebe eine Rücklage bilden dürfen, auch wenn ihre Gewinne – abweichend zu Eigenbetrieben – unmittelbar in den Haushalt der Trägerkörperschaft fließen. Denn das Gesetz sehe keine Differenzierung zwischen Eigen- und Regiebetrieben vor und die Ausschüttungsbesteuerung der BgA habe ohnehin nur fiktiven Charakter. Der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach im Gegensatz zu Eigenbetrieben bei Regiebetrieben eine Rücklagenbildung nur zulässig sein solle, wenn die Zwecke des BgA ohne die Rücklagenbildung nicht erfüllt werden können, ist laut BFH nicht zu folgen, da hierfür keine gesetzliche Grundlage bestehe.

Keine haushaltsrechtliche Mittelreservierung erforderlich

Darüber hinaus komme es auch nicht auf eine haushaltsrechtliche Mittelreservierung an, so der BFH weiter. Für die steuerliche Anerkennung reiche vielmehr jedes "Stehenlassen" der handelsrechtlichen Gewinne als Eigenkapital aus, sofern anhand objektiver Umstände nachvollzogen und überprüft werden könne, dass dem Regiebetrieb die entsprechenden Mittel weiterhin als Eigenkapital zur Verfügung stehen. Komme es in diesem Zusammenhang zu Liquiditätsabflüssen an die Trägerkörperschaft, seien die für Kapitalgesellschaften und deren Alleingesellschafter entwickelten Grundsätze über verdeckte Gewinnausschüttungen entsprechend anwendbar.

Zwei weitere Urteile zum Kapitalertragsteuerabzug bei BgA

Die Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Kapitalertragsteuerabzug bei BgA wird durch zwei weitere Urteile des BFH vom 30.01.2018 ergänzt. Zum einen hat der BFH im Urteil VIII R 75/13 entschieden, dass bei dem Regiebetrieb einer kommunalen Gebietskörperschaft die Gewinne des Jahres 2001 auch dann steuerfrei bleiben, wenn sie zunächst in die Rücklagen eingestellt, dann aber in einem späteren Veranlagungszeitraum wieder aufgelöst werden. Diese nur für die Gewinne des Jahres 2001 geltende Steuerfreiheit folge aus der Formulierung der zeitlichen Anwendungsregelung bei Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchs. b EStG. Zum anderen hat der BFH im Urteil VIII R 15/16 entschieden, dass die für Regiebetriebe kommunaler Gebietskörperschaften entwickelten Grundsätze zur Bildung von Rücklagen auch bei Regiebetrieben einer Verbandskörperschaft Anwendung finden.

BFH, Urteil vom 30.01.2018 - VIII R 75/13

Redaktion beck-aktuell, 23. Mai 2018.