BFH: Frist für Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gilt auch bei nachträglich erkannter verdeckter Gewinnausschüttung

Steuerpflichtige mit Kapitalerträgen aus einer unternehmerischen Beteiligung müssen den Antrag auf Regelbesteuerung anstelle der Abgeltungsteuer spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung stellen, um so die anteilige Steuerfreistellung im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu erlangen. Dies hat der Bundesfinanzhof mit jetzt mitgeteiltem Urteil vom 14.05.2019 zu § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG entschieden. Die Antragsfrist gelte auch, wenn sich das Vorliegen von Kapitalerträgen erst durch die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen einer Außenprüfung ergibt (Az.: VIII R 20/16).

In Steuerklärung Günstigerprüfung, aber keine Regelbesteuerung beantragt 

Der Kläger war Alleingesellschafter der A-GmbH und Geschäftsführer der B-GmbH, einer 100%-igen Tochtergesellschaft der A-GmbH. Er bezog in den Streitjahren 2009 bis 2011 von der B-GmbH Gehalts- und Tantiemezahlungen sowie Honorare für Beratungsleistungen. Diese erklärte er bei seinen Einkünften aus selbstständiger beziehungsweise nichtselbstständiger Arbeit. Einkünfte aus seiner Beteiligung an der A-GmbH erklärte er nicht. Der Kläger stellte jeweils Anträge auf eine sogenannte Günstigerprüfung, jedoch keine Anträge auf eine Regelbesteuerung gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Hierfür hatte er bei der Abgabe seiner Einkommensteuererklärungen keinen Anlass gesehen, da er von Einkünften aus nichtselbstständiger beziehungsweise selbstständiger Arbeit ausging. 

Finanzamt ließ späteren Antrag auf Regelbesteuerung unberücksichtigt

Erst nachdem sich im Rahmen einer Außenprüfung ergeben hatte, dass ein Teil des Geschäftsführergehaltes, der Entgelte für Beratungsleistungen und der Tantieme als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen waren, stellte der Kläger Anträge auf Regelbesteuerung. In den geänderten Einkommensteuerbescheiden erhöhte das Finanzamt die Kapitaleinkünfte des Klägers um die verdeckten Gewinnausschüttungen. Es unterwarf diese nach Günstigerprüfung zwar der tariflichen Einkommensteuer, wendete jedoch das Teileinkünfteverfahren nicht zugunsten des Klägers an.

BFH: Antrag auf Günstigerprüfung kein konkludenter Antrag auf Regelbesteuerung 

Dies hat der BFH als zutreffend angesehen. Das Teileinkünfteverfahren finde keine Anwendung. Allein der vom Kläger gestellte Antrag auf Günstigerprüfung führe nicht zu der begehrten anteiligen Steuerfreistellung der Einkünfte aus der A-GmbH. Den für eine solche anteilige Freistellung erforderlichen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG habe der Kläger erst nach der Abgabe der Einkommensteuererklärungen und damit nicht fristgerecht gestellt. Die in den Steuererklärungen enthaltenen Anträge auf Günstigerprüfung könnten nicht als fristgerechte konkludente Anträge gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG angesehen werden. 

Keine teleologische Reduktion der Fristenregelung

Eine teleologische Reduktion der gesetzlichen Fristenregelung, wie sie das Finanzgericht angenommen habe, scheide aus. Das Gesetz, das dem Steuerpflichtigen ausdrücklich nur ein fristgebundenes Wahlrecht gewähre, sei nicht planwidrig unvollständig. 

Antragsrecht kann vorsorglich ausgeübt werden

Der Steuerpflichtige könne sein Antragsrecht auch vorsorglich ausüben. Verzichte er auf einen solchen vorsorglichen Antrag, trage er das Risiko einer unzutreffenden Beurteilung von Einkünften im Rahmen seiner Steuererklärung.

Kein Fall höherer Gewalt

Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist lehnte der BFH ebenfalls ab, weil im Zeitpunkt der Antragsnachholung durch den Kläger die Jahresfrist des § 110 Abs. 3 AO bereits verstrichen und auch kein Fall höherer Gewalt anzunehmen war.

BFH, Urteil vom 14.05.2019 - VIII R 20/16

Redaktion beck-aktuell, 22. August 2019.