BAG: Heimarbeiter ohne Arbeit kann bei späterer Kündigung Entgelt nur für Dauer der fiktiven Kündigungsfrist verlangen

Ein Heimarbeiter, der keine Arbeit mehr erhält und später gekündigt wird, kann nach Maßgabe des Heimarbeitsgesetzes (HAG) eine Sicherung seines Entgelts nur für die Dauer der (fiktiven) Kündigungsfrist verlangen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 20.08.2019 entschieden. Die Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 7 und Abs. 8 HAG stehe dem Heimarbeiter nur alternativ zu. Urlaubsabgeltung könne er nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) verlangen (Az.: 9 AZR 41/19).

Kläger erhielt keine Aufträge mehr, wurde später gekündigt

Der Kläger erbrachte für die Beklagte regelmäßig Leistungen als selbstständiger Bauingenieur/Programmierer in Heimarbeit. Nachdem die Beklagte beschlossen hatte, ihr Unternehmen aufzulösen und zu liquidieren, wies sie dem Kläger seit Dezember 2013 keine Projekte mehr zu. Das Heimarbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten mit Ablauf des 30.04.2016. Für diesen Zeitraum verlangte der Kläger von der Beklagten, ihn in Höhe von 171.970 Euro brutto zu vergüten sowie 72 Werktage Urlaub in Höhe von 15.584,94 Euro brutto abzugelten.

In Vorinstanzen teilweise erfolgreich

Die Vorinstanzen gaben der Klage teilweise statt. Soweit die Klage abgewiesen worden war, verlangte der Kläger mit der Revision die Zahlung weiterer 130.460 Euro brutto wegen Nichtausgabe von Heimarbeit sowie Urlaubsabgeltung für das Jahr 2014 in Höhe von 4.091,71 Euro brutto sowie in Höhe von 5.194,83 Euro brutto für das Jahr 2015.

BAG: Mangels Absprache über Arbeitsmenge kein höherer Vergütungsanspruch 

Die Revision hatte nur hinsichtlich der begehrten Urlaubsabgeltung Erfolg. Neben dem Entgelt, das die Beklagte für die Dauer der fiktiven Kündigungsfrist geschuldet habe, während der sie keine Heimarbeit ausgegeben habe, könne der Kläger keine weitere Vergütung verlangen. Ein Anspruch unter den Gesichtspunkten des Annahmeverzugs oder Schadensersatzes bestehe nicht. Es fehle an einer besonderen Absprache der Parteien, dem Kläger Projekte in einem bestimmten Umfang zuzuweisen. Heimarbeiter hätten grundsätzlich keinen Anspruch auf Ausgabe einer bestimmten Arbeitsmenge.

Entgeltsicherung bei Kündigung und Nichtausgabe nur alternativ

Da Heimarbeiter aber regelmäßig auf Aufträge angewiesen seien, würden die Bestimmungen des Heimarbeitsgesetzes zum Kündigungsschutz eine Entgeltsicherung vorsehen. Kündige der Auftraggeber das Heimarbeitsverhältnis, könne der Heimarbeiter gemäß § 29 Abs. 7 HAG für die Dauer der Kündigungsfrist Fortzahlung des Entgelts beanspruchen, das er im Durchschnitt der letzten 24 Monate vor der Kündigung durch Heimarbeit erzielt habe. § 29 Abs. 8 HAG sichere das Entgelt, wenn der Auftraggeber nicht kündige, jedoch die Arbeitsmenge, die er mindestens ein Jahr regelmäßig an einen Heimarbeiter ausgegeben habe, um mindestens ein Viertel verringere. Laut BAG steht die Entgeltsicherung nach § 29 Abs. 7 und Abs. 8 HAG dem Heimarbeiter jedoch nur alternativ zu.

Für Anspruch auf Urlaubsabgeltung weiterer Aufklärungsbedarf

Die Höhe der bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses geschuldeten Urlaubsabgeltung sei nach § 12 Nr. 1 BUrlG auf der Grundlage des Entgelts des Heimarbeiters in der Zeit vom 01.05. des vergangenen bis zum 30.04. des laufenden Jahres zu ermitteln, fährt das BAG fort. Für den Urlaub aus dem Jahr 2014 sei deshalb im Streitfall auf das Entgelt abzustellen, das der Kläger in der Zeit vom 01.05.2013 bis zum 30.04.2014 erzielt habe. Die hierfür erforderlichen Tatsachen werde das LAG nach der insoweit erfolgten Zurückverweisung der Sache aufzuklären haben. Für das Jahr 2015 stehe dem Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.103,12 Euro brutto zu.

BAG, Urteil vom 20.08.2019 - 9 AZR 41/19

Redaktion beck-aktuell, 21. August 2019.