ArbG Siegburg: Ausländische Pflegekraft muss von potentiellem Arbeitgeber darlehensweise übernommene Ausbildungskosten nicht zurückzahlen

Übernimmt der Betreiber einer Pflegeeinrichtung darlehensweise die Ausbildungskosten ausländischer Pflegekräfte, so ist der Darlehensvertrag in der Regel unwirksam, wenn die Rückzahlungsvereinbarung auch für den Fall vereinbart ist, dass der potentielle Arbeitgeber dem potentiellen Arbeitnehmer keinen ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz anbieten kann oder will. Dies hat das Arbeitsgericht Siegburg unter Hinweis auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entschieden (Urteil vom 02.08.2018, Az.: 1 Ca 1987/17, nicht rechtskräftig).

Arbeitgeberin übernahm Kosten der Ausbildung für philippinische Pflegekraft

Der Kläger ist philippinischer Staatsangehöriger. Die Beklagte, die eine Pflegeeinrichtung betreibt, warb auf den Philippinen Pflegekräfte an, die zunächst einen Deutsch- sowie Pflegekurs absolvieren mussten. Sämtliche Kosten übernahm die Beklagte. Die Parteien schlossen einen Darlehensvertrag über 12.900 Euro, die der Kläger unabhängig davon, ob er tatsächlich einen Arbeitsplatz als Pfleger erhält, in monatlichen Raten von 400 Euro zurückzahlen sollte. Der Kläger bekam einen Arbeitsplatz als Pfleger und erhielt für seine Tätigkeit in Deutschland ein Gehalt von 530 Euro brutto für zehn Stunden Arbeit pro Woche. Zudem gab es sogenannte Schattendienste, in denen er eine erfahrene Pflegekraft begleiten und lernen sollte. Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Bezahlung der "Schattendienste", weil er nicht nur zugesehen, sondern 40 Stunden wöchentlich gearbeitet habe. Die Beklagte bestritt dies. Der Kläger stellte die Arbeit ein. Die Beklagte erhob Widerklage und begehrte die Rückzahlung der gesamten Darlehenssumme.

Zahlungsklage erfolglos

Mit Urteil vom 02.08.2018 wies das ArbG Siegburg die Klage auf Lohnzahlung ebenso wie die Widerklage auf Darlehensrückzahlung ab. Der Kläger habe nicht schlüssig dargelegt, wann und wie viele Stunden er tatsächlich gearbeitet hat. Die Darlegung der geleisteten Arbeit sei jedoch die Grundvoraussetzung für eine Zahlungsklage.

Darlehensvertrag unwirksam

Der Darlehensvertrag war nach Auffassung des Gerichts unwirksam. Ein solcher Vertrag benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen, wenn er nicht den Maßstäben entspricht, die das Bundesarbeitsgericht an Rückzahlungsvereinbarungen über Aus- und Fortbildungskosten aufgestellt hat. Danach sei eine Rückzahlungsvereinbarung, die auch für den Fall vereinbart ist, dass der potentielle Arbeitgeber dem potentiellen Arbeitnehmer keinen ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz anbieten kann oder will, in aller Regel unwirksam. Zudem sei die zu zahlende Summe von knapp 12.900 Euro nicht aufgeschlüsselt und die genaue Zusammensetzung der Kosten nicht erkennbar gewesen. Unklarheiten über den zurückzuzahlenden Betrag führten indes grundsätzlich zur Unwirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung.

Urteil nicht rechtskräftig

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

ArbG Siegburg, Urteil vom 02.08.2018 - 1 Ca 1987/17

Redaktion beck-aktuell, 13. September 2018.