ArbG Lübeck verneint Anspruch auf identische Zeugnisse in agilen Projekt-Teams

Mitarbeitern eines agilen Projekt-Teams, die nach der sogenannten Scrum-Methode arbeiten, steht ein bestimmter Zeugniswortlaut einschließlich einer bestimmten Bewertung nicht bereits deshalb zu, weil der Arbeitgeber einem anderen Team-Mitglied ein entsprechendes Zeugnis erteilt hat. Dies hat das Arbeitsgericht Lübeck am 22.01.2020 entschieden (Az.: 4 Ca 2222/19). Auch wenn eine Arbeitsmethode das Gruppenergebnis in den Vordergrund rücke, schließe dies grundsätzlich keine individuelle Leistungsbewertung aus, befand das Gericht. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Das ArbG hat die Berufung zugelassen.

Scrum bringt Verzicht auf fachliche Weisungen durch den Arbeitgeber

Der Kläger war bei der Beklagten als Testingenieur im Bereich Product Qualification nach der sogenannten Scrum-Methode beschäftigt. Dabei handelt es sich um eine Form der agilen Arbeit, die weitgehend auf fachliche Weisungen durch den Arbeitgeber an die Gruppenmitglieder verzichtet. Stattdessen findet eine Selbstregulierung und -kontrolle der Arbeitsgruppe statt.

Mitarbeiter verlangte Angleichung seines Zeugnisses

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte die Beklagte dem Kläger und einem weiteren Mitglied des Projekt-Teams ein Arbeitszeugnis. Der Kläger sah sich im Vergleich zu diesem Mitarbeiter schlechter bewertet und verlangte die Angleichung seines Zeugnisses. Zur Begründung führte er aus, er habe bereits deshalb Anspruch auf ein gleichlautendes Zeugnis, da im Scrum-Team die individuelle Arbeitsleistung aufgrund der Typik dieser Methode nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe und Team-Ziele vorrangig gewesen seien. Die Leistungen seien hiernach mindestens ebenso zu bewerten wie diejenigen des Kollegen.

Gericht: Individuelle Leistung messbar

Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Auch in agilen Arbeitsumgebungen unter Einsatz der sogenannten Scrum-Methode sei die individuelle Leistung messbar und für die Tätigkeitsbeschreibung wie auch für die Bewertung der Leistung in einem Zeugnis allein maßgeblich. Der Einsatz bestimmter moderner Arbeitsmethoden stehe dem nicht entgegen, selbst wenn die verwendete Methode das Gruppenergebnis in den Vordergrund stelle. Die Scrum-Methode verhindere schon im Grundsatz keine individuelle Leistungsbewertung.

Widersprüchliches Vorbringen des Klägers

Da der Kläger nach Auffassung des Gerichts im Übrigen nicht substantiiert zu den aus seiner Sicht gegebenen besseren Leistungen vorgetragen hatte, hatte die Klage keinen Erfolg. Darüber hinaus könne es sogar widersprüchlich sein, wenn sich der Kläger einerseits auf identisch ausgeübte und in gleicher Weise zu bewertende Tätigkeiten innerhalb der agilen Arbeitsgruppe beziehe und andererseits verlange, bestimmte in besonderer Weise bewältigte Arbeitsaufgaben als herausgehoben zu kennzeichnen.

ArbG Lübeck, Urteil vom 22.01.2020 - 4 Ca 2222/19

Redaktion beck-aktuell, 28. Februar 2020.