Amnesty International kritisiert Gesetzentwurf zu Familiennachzug

Das Bundeskabinett will am 09.05.2018 über den aktuellen Gesetzentwurf zum Familiennachzug beraten. Nach dem Entwurf sollen anerkannte Flüchtlinge, die in ihrem Heimatland verfolgt werden, und Menschen mit subsidiärem Schutzstatus, die vor Gewalt oder einem bewaffneten Konflikt fliehen, beim Familiennachzug unterschiedlich behandelt werden. Franziska Vilmar, Expertin für Asylrecht bei Amnesty International in Deutschland kritisiert diese Differenzierung in einer Stellungnahme vom 08.05.2018. Das neue Gesetz würde dazu führen, dass Menschen, die in Deutschland Schutz gefunden hätten, noch lange von ihren Familien getrennt bleiben müssten. Dies sei aus humanitären und menschenrechtlichen Gründen unverantwortlich.

Amnesty: Kein Grund für Differenzierung bei Familiennachzug

Vilmar forderte im Namen von Amnesty die Bundesregierung dazu auf, den Familiennachzug für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte gleichermaßen zu ermöglichen. Die neue Regelung bedeute, dass die in der Heimatregion zurückgelassenen Familienangehörigen – meist Frauen und Kinder – sich weiterhin "in die Hände von Schleppern begeben müssen." Die Unterscheidung, die hier zwischen Flüchtlingen und Menschen mit subsidiärem Schutzstatus gemacht wird, sei künstlich und gehe an der Realität vorbei. Auch subsidiär Schutzberechtigte blieben über Jahre in neuen Aufnahmeländern, weil sie vor bewaffneten Konflikten, Folter oder Todesstrafe im Herkunftsland fliehen würden. Dies zeige die Erfahrung mit Menschen, die aus Syrien, Somalia, Afghanistan oder Eritrea geflohen sind, so Vilmar. Auch ihr Familienleben sei verfassungs- und menschenrechtlich geschützt. Eine unterschiedliche Behandlung beim Familiennachzug kollidiere außerdem mit dem menschenrechtlichen Diskriminierungsverbot, so Vilmar.

Amnesty befürchtet Verzögerungen bei Familiennachzug wegen Kontingentierung

Die Bundesregierung begrenzt den Familiennachzug laut neuem Gesetz für subsidiär Schutzberechtigte auf 1.000 Menschen pro Monat und schafft nach Meinung von Amnesty International ein kompliziertes Auswahlverfahren, das Verzögerungen vorprogrammiert. "Sollte sich die Bundesregierung tatsächlich auf den vorliegenden Entwurf einigen, so gilt es zumindest sicherzustellen, dass tatsächlich 1.000 Familienmitglieder im Monat nachziehen können." Nach dem aktuellen Entwurf werde die vorgesehene Kontingentierung zu immensen Schwierigkeiten und Verzögerungen bei der Entscheidung über die Gewährung des Familiennachzugs führen, befürchtet Vilmar. Zudem sollte das Gesetz zeitlich befristet und evaluiert werden, so eine weitere Forderung von Amnesty.

Redaktion beck-aktuell, 9. Mai 2018.