AG: Wechselseitige Verhaltensprovokation im Straßenverkehr strafmildernd zu berücksichtigen

Provoziert ein Autofahrer durch seine rechtswidrige Fahrweise Unmutsäußerungen einer Radfahrerin und zeigt ihr daraufhin den Mittelfinger, ist er aufgrund der wechselseitigen Eskalation hinsichtlich der Beleidigung nicht mit voller Härte zu bestrafen. Dies hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 16.10.2017 entschieden (Az.: 922 Ds 421 Js 195386/15).

Verkehrswidriges Verhalten provozierte Unmutsäußerung der Geschädigten

Der 51-jährige verurteilte Kfz-Mechaniker fuhr mit seinem Pkw so abrupt in eine innerstädtische Parkbucht am rechten Fahrbahnrand, dass eine in gleiche Richtung fahrende Radfahrerin aus Berlin eine Vollbremsung einleiten musste. Als sie ihm einen Vogel zeigte und auf sein verkehrswidriges Verhalten aufmerksam machte, zeigte der Verurteilte ihr den Mittelfinger. Die Frau trat daraufhin leicht gegen die Fahrertür des PKW, ohne einen Schaden zu verursachen. Der Verurteilte stieg aus, schlug ihr mit der Faust gegen den Oberarm und ging schließlich erneut mit den Worten “Ich mach Dich tot“ unter erhobener Faust auf sie zu, um sich dann zu Fuß zu entfernen.

AG: Geschädigte hat sich “nicht ideal“ verhalten

Das Amtsgericht hat den Täter zu einer Gesamtgeldstrafe von 4.400 Euro verurteilt und ein zweimonatiges Fahrverbot verhängt. Dabei sei zugunsten des Verurteilten zu berücksichtigen gewesen, dass sich die Geschädigte “aufgrund ihrer nachvollziehbaren Verärgerung über die Fahrweise des Verurteilten auch nicht ideal“ verhalten habe und “dass das Zeigen des Mittelfingers eine prompte Reaktion auf das Vogelzeigen war.“ Ein zweimonatiges Fahrverbot sei vorliegend zu verhängen, weil jedem motorisierten Verkehrsteilnehmer vor Augen geführt werden müsse, dass körperliche Gewalt im Straßenverkehr nichts zu suchen habe.

Redaktion beck-aktuell, 21. November 2017.