AG München: Betreiber einer Waschstraße muss Fahrer eines Automatik-Pkw notwendige Hinweise zur Nutzung geben

Ein Waschanlagenbetreiber, der bei automatikbetriebenen Fahrzeugen neueren Typs nicht darauf hinweist, dass die Zündung zur Verhinderung der Parksperre eingeschaltet sein muss, haftet für den daraus entstandenen Schaden. Dies hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 06.09.2018 entschieden. Der Beklagte, ein Berliner Unternehmen, das eine Waschanlage in München-Am Hart betreibt, muss im zugrundeliegenden Fall dem Münchner Kläger Ersatz des an seinem automatikgetriebenen BMW X 3 entstandenen Schadens in Höhe von 2.004,98 Euro an Reparaturaufwand, vorgerichtliche Gutachterkosten von 649 Euro und vorgerichtliche Anwaltskosten von 334,75 Euro bezahlen (Az.: 213 C 9522/16).

Zwei Mal aus Schleppkette herausgehoben

Am 25.01.2016 gegen 10 Uhr fuhr der Kläger das Fahrzeug in die Waschstraße ein, ohne einen Hinweis darauf erhalten zu haben, dass bei modernen Fahrzeugen dieser Art für eine sichere Benutzung der Waschstraße das Einschalten der Zündung während des Durchlaufens der Waschstraße erforderlich ist. Der ausgehängte Hinweis lautete lediglich: "Gang raus, Automatik 'N', Motor abstellen, Nicht lenken, Nicht bremsen". Das Fahrzeug wurde während des Waschvorgangs zwei Mal aus der Schleppkette herausgehoben und rollte so nach rechts aus der Schleppkette heraus, dass es jeweils schräg in der Waschstraße stand.

Schaden am rechten Kotflügel

Der Kläger trägt vor, das Fahrzeug sei zunächst einige Meter in der Schleppkette mitgeschleppt worden. Plötzlich habe sich das Fahrzeug nach rechts bewegt. Das Schleppband sei weitergelaufen und das Fahrzeug des Klägers habe sich vorne weiter nach rechts bewegt und sei in der Folge mit dem rechten Kotflügel an eine Säule gestoßen. In Panik habe der Kläger mehrfach die Hupe betätigt, bis ein Mitarbeiter der Beklagten die Waschstraße zum Stehen gebracht habe. Dem Kläger sei sodann versichert worden, dass dies nicht noch einmal passieren würde und man den entstandenen Schaden nach Verlassen der Waschstraße aufnehmen werde, so dass er das Fahrzeug wieder in die Spur hineinrangiert habe. Das Auto sei aber nach kurzer Zeit wieder nach rechts hinausgefahren und wieder schräg gestanden. Auch sei der Wagen erneut vorne rechts gegen ein Bauteil der Waschstraße gefahren mit der Folge, dass sich der Schaden am rechten Kotflügel verstärkt hätte. Es hätten sich gerade die Bürsten am Auto befunden, als der Kläger gehört habe, wie es hinten krachte und sah, dass hinten die Bürsten nach unten gedrückt und das Auto eingeklemmt wurde. Der Scheibenwischer an der Heckscheibe sei dann nach unten abgebrochen. Nach mehrfachem Hupen des Klägers sei erneut der Notausknopf gedrückt worden. Nun seien auf sein Verlangen die Bürsten hochgefahren worden, so dass er mit seinem Fahrzeug hinausfahren konnte. Im Anschluss seien die Schäden mit einem Mitarbeiter der Beklagten besichtigt und ein Schadensprotokoll aufgenommen worden.

Beklagte weist Fehlverhalten zurück

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie ihre Verkehrssicherungspflichten im Rahmen des ihr Zumutbaren auf dem Stand der Technik erfüllt habe. Überdies müsse der Kläger während des Waschvorgangs gelenkt oder gebremst haben, so dass von einem jegliche Haftung der Beklagten ausschließenden Mitverschulden des Klägers auszugehen sei.

Radabstände neuerer Fahrzeugtypen für viele Waschstraßen problematisch

Die zuständige Richterin am AG München hat durch Anhörung der Zeugen und des Sachverständigen Beweis erhoben und gab dem Kläger mit Ausnahme zweier Schadensposten, die nicht aus dem Vorfall entstanden sein können, Recht: Der Sachverständige habe ausgeführt, dass bei moderneren automatikgetriebenen Fahrzeugen bei ausgeschalteter Zündung eine Parksperre greife, die im Zusammenwirken mit der Sicherheitsrolle und einem für den Radstand zu kurzen Rollenabstand zum Herausheben aus der Schlepprolle geeignet sei, wenn zu diesem Zeitpunkt die Parksperre, etwa durch Betätigung der Zündung, wieder aufgehoben würde. Waschstraßen seien wie hier oft noch nicht auf die immer länger werdenden Radabstände neuerer Fahrzeugtypen eingestellt.

Gericht verneint Mitverschulden

Entgegen der Auffassung der Beklagten sei vorliegend auch kein haftungsreduzierendes Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB zu berücksichtigen. Zwar sei ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen davon auszugehen, dass der Kläger bei Eingreifen der Parksperre in dem Moment, als das Fahrzeug mit dem linken Vorderrad auf die Schlepprolle getragen wurde, die Zündung wieder eingeschaltet habe. Jedoch habe der Kläger nicht wissen können, dass aufgrund der Länge des Fahrzeugs sowie der Größe der Radabstände dies dazu führen würde, dass das Fahrzeug aufgrund des "Schutzeffekts" der Sicherheitsrolle aus der Schleppkette heraus und nach rechts getragen werden würde. Der Waschstraßenbetreiber hat das Waschanlagensystem zwischenzeitlich ausgetauscht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

AG München, Urteil vom 06.09.2018 - 213 C 9522/16

Redaktion beck-aktuell, 14. September 2018.