AG München: Mietvertragsparteien bei Vereinbarung der Wohnfläche frei

Was mietvertraglich geschuldete Wohnfläche sein soll, bestimmen zuallererst die Vertragsparteien selbst. Dies hat das Amtsgericht München in einem Fall betont, in dem die vereinbarte Wohnfläche nur unter Berücksichtigung von Räumen im Keller und im Dachgeschoss erreicht wurde. Da dies auch den Mietern bei der Besichtigung hätte ins Auge springen müssen, versagte das Gericht ihnen die Berufung auf eine geringere Wohnfläche (Urteil vom 06.04.2018, Az.: 411 C 19356/17, rechtskräftig).

In Mietvertrag Wohnfläche von rund 210 Quadratmetern vereinbart

Ende 2010 mieteten die Beklagten für brutto 2.255 Euro monatlich ein Einfamilienhaus: Im Mietvertrag hieß es: "Zur Benutzung als Wohnraum wird das EFH (…) vermietet. (…). Die Wohnfläche wird mit circa 210 Quadratmetern vereinbart." Im Internet war das Haus wie folgt beschrieben: "Sieben Zimmer, 210 Quadratmeter Wohnfläche". Bei der "Objektbeschreibung" hieß es unter anderem: "großräumiges ausgebautes Dachstudio mit Bad; großer Hobbyraum im Keller". Auch vom Studio und vom Hobbyraum im Keller waren Fotos beigefügt.

Mieter kürzen wegen angeblich geringerer Wohnfläche Mietzahlungen

Nachdem der Kläger im Januar 2017 von den Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt hatte, antworteten die Beklagten, dass sie nun die Wohnfläche überprüft und dabei festgestellt hätten, dass diese nur bei 173,5 Quadratmeter liege. Da sie somit bereits die ortsübliche Miete zahlen würden, lehnten sie eine Mieterhöhung ab. Zudem kürzten die Beklagten ab Juli 2017 die Mietzahlung um je 700 Euro, sodass der Kläger ihnen nach vergeblicher Mahnung unter Kündigungsandrohung zuletzt mit Schreiben vom 15.12.2017 fristlos kündigte.

Vermieter: Wohnfläche richtig angegeben

Der Kläger trägt vor, dass der Wohnraum im Mietvertrag richtig mit etwa 210 Quadratmetern angegeben sei. Sowohl bei der Vertragsanbahnung als auch bei der Besichtigung seien sich die Beklagten darüber im Klaren gewesen, dass das Haus über ein ausgebautes Dachgeschoss sowie über einen beheizten Hobbyraum mit Abböschungen verfügt. Diese Räumlichkeiten seien somit als Wohnraum mit zu berücksichtigen. Auch aus der Internetanzeige sei dies ersichtlich gewesen. Das Haus sei von den Beklagten vor Einzug besichtigt und es sei mit ihnen genau besprochen worden, was zur Wohnfläche zähle. Zudem habe der Beklagte, der laut Selbstauskunft Architekt sei, schon deswegen die Wohnfläche richtig einschätzen können.

Mieter berufen sich auf Wohnflächenverordnung

Die Beklagten sind der Auffassung, dass es nicht im Gutdünken des Vermieters stehe festzulegen, was Wohnfläche ist und was nicht. Letztlich sei die vereinbarte Mietfläche zwischen den Parteien nicht abschließend definiert und vereinbart worden, sodass die gesetzlichen Vorschriften gölten, insbesondere die Wohnflächenverordnung und die Bayrische Bauordnung. Die tatsächliche Wohnfläche betrage danach lediglich 138 Quadratmeter und sei somit um circa 35% geringer als vereinbart. Der Kläger sei umgekehrt verpflichtet, an die Beklagten 55.000 Euro an zu viel vereinnahmter Miete zurückzuzahlen.

AG München: Mieter müssen Haus herausgeben und rückständige Miete zahlen

Die zuständige Richterin am AG München gab dem Kläger Recht. Sie verurteilte das beklagte Paar, das von ihnen in Taufkirchen im Landkreis München angemietete Einfamilienhaus an den klagenden Vermieter herauszugeben sowie rückständige Mieten in Höhe von 8.865 Euro zu bezahlen.

Parteien können Wohnfläche frei vereinbaren

Für den Begriff der Wohnfläche gebe es keine allgemeine Definition. Nach dem Grundsatz der Privatautonomie seien die Parteien frei, alle denkbaren Berechnungsmaßstäbe zu vereinbaren. Eine Vereinbarung betreffend die Methode der Wohnflächenberechnung sei auch dann anzunehmen, wenn sich die Parteien darin einig sind, dass bestimmte Räume zu Wohnzwecken dienen sollen. In einem solchen Fall seien auch solche Räume bei der Bemessung der Wohnfläche zu berücksichtigen, die aus Gründen des öffentlichen Baurechts nicht zu Wohnzwecken geeignet sind. Entscheidend für eine Beschaffenheitsvereinbarung über den Umfang der Wohnfläche sei eine Einigung darüber, auf welche Flächen sich der beabsichtigte Nutzungszweck erstrecken soll, und nicht die Frage, ob der geplanten (und verwirklichten) Nutzung rechtliche Gründe entgegenstehen.

Einbeziehung von Räumen in Keller und Speicher musste Mietern klar sein

Auch sei – bereits ohne besondere Fachkenntnis – auf den ersten Blick klar gewesen, dass sich bei bloßer Berücksichtigung der Wohnflächen im Erdgeschoss und im Obergeschoss nie eine Gesamtwohnfläche von 210 Quadratmeter ergeben kann. Zwar könne von einem Mieter nicht verlangt werden, dass er die Wohnflächen bei Vertragsschluss nachmisst. Wenn aber so eklatante Größenunterschiede bestehen, dass es ins Auge springen muss, dass Erdgeschoss und Obergeschoss allein bei weitem die angegebene Gesamtzahl nicht erreichen, dann sei von einer konkludenten Vereinbarung dahingehend auszugehen, dass auch die entsprechenden Räume im Keller und im Dachgeschoss zu den Wohnräumen zählen sollen.

AG München, Urteil vom 06.04.2018 - 411 C 19356/17

Redaktion beck-aktuell, 24. September 2018.