Gutscheinlösung für coronabedingt entfallenen Theaterabend rechtens

Das Amtsgericht München wies inzwischen rechtskräftig die Klage eines Legal-Tech-Unternehmers aus Bayreuth gegen einen Münchner Theater- und Gastronomieveranstalter auf Rückzahlung des Kaufpreises für zwei Tickets in Höhe von 205,80 Euro ab. Die sogenannte "Gutscheinlösung" nach Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB für Veranstaltungen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnten, sei verfassungsgemäß.

Gutschein statt Veranstaltung

Der Kläger hatte sich die Ansprüche einer Frau abtreten lassen, die am 31.12.2019 zwei Veranstaltungstickets für eine später wegen Corona abgesagte Veranstaltung der Beklagten am 31.03.2020 zum Preis von 205,80 Euro erworben hatte. Mit Mail vom 23.03.2020 informierte die Beklagte die Kundin darüber, dass die gebuchte Veranstaltung verlegt worden sei. Alternativ bot sie an, die Tickets in Gutscheine umzuwandeln. Mit Mail vom 23.03.2020 erklärte die Kundin den Rücktritt vom Vertrag und forderte die Rückzahlung des gezahlten Preises bis zum 06.04.2020. Am 19.05.2020 übersandte die Beklagte einen Gutschein. Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe aus abgetretenem Recht wegen Unmöglichkeit der Leistungserbringung ein gesetzlicher Anspruch auf Rückzahlung zu. An der Verfassungsmäßigkeit des Art. 240 § 5 EGBGB bestünden ganz erhebliche Zweifel.

Gutscheinlösung verfassungsgemäß

Das Amtsgerichts wies die Klage ab. Nach Rücktritt vom Vertrag wegen Unmöglichkeit habe der Zedentin zunächst ein Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Preises zugestanden. Gemäß Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB sei die Beklagte jedoch berechtigt gewesen, der Zedentin einen Gutschein zu übergeben und die Auszahlung des Geldbetrages zu verweigern. Bei der gebuchten Veranstaltung handele es sich unstreitig um eine "sonstige Freizeitveranstaltung" im Sinn der Vorschrift, die aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Art. 240 § 5 EGBGB sei nicht verfassungswidrig, insbesondere sei der Eingriff in Art. 14 GG gerechtfertigt: Der legitime Zweck der Regelung liege darin, Insolvenzen von Veranstaltern zu verhindern oder wenigstens zu verzögern und die negativen Folgen der Pandemie auf möglichst Viele zu verteilen. Nur das beschlossene "Paket" von Maßnahmen, bestehend aus unmittelbaren Finanzhilfen, "Gutscheinlösung" und vorübergehenden Insolvenzrechtsänderungen, könne sofortige Insolvenzen auch tatsächlich verhindern. 

Härtefallklausel für finanziell schwache Kunden

Für den Fall, dass im Einzelfall ein finanziell schwacher Kunde betroffen sei, sehe Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB eine Härtefallklausel vor. In den meisten Fällen aber seien die Rückforderungsansprüche nicht so hoch, dass es zu existenziellen Verlusten bei den Ticketinhabern komme. Zumal diese die Vermögensdisposition, ihr Geld für eine nicht greifbare ideelle Leistung auszugeben, bereits getroffen hätten. Der Verbraucher habe den Geldbetrag bereits nicht mehr in seine zukünftige Finanzplanung mit einbezogen. Bei Ausnahmefällen greife wiederum die Härtefallklausel. Nicht zuletzt erkenne die streitgegenständliche Regelung dem Verbraucher sein Rückforderungsrecht nicht vollständig ab, sondern sehe nur eine unentgeltliche Stundung bis 31.12.2021 vor. Der Zinsverlust, der hierdurch entstehe, sei betragsmäßig überschaubar.

AG München, Urteil vom 29.09.2020 - 154 C 6021/20

Redaktion beck-aktuell, 9. April 2021.