AG München: Flugstornierung wegen plötzlicher Zusage für Auslandsschuljahr nicht von Reiserücktrittsversicherung umfasst

Die Schule ist kein Arbeitsplatz im Sinne der Allgemeinen Reiserücktrittsversicherungsbedingungen. Die unerwartete Zusage für ein Auslands-Schuljahr und eine damit zusammenhängende Stornierung von Flügen unterfällt deswegen nicht als "Arbeitsplatzwechsel" dem Versicherungsschutz, wie das Amtsgericht München klarstellt (Urteil vom 29.03.2017, Az.: 273 C 2376/17, rechtskräftig).

Flüge wegen Zusage für Auslands-Schuljahr storniert

Der Kläger hatte bei einer Münchener Versicherung einen Reiserücktrittsversicherungsvertrag abgeschlossen. Die im Rahmen des Vertrages mitversicherte minderjährige Tochter des Klägers hatte sich für das parlamentarische einjährige Patenschafts-Programm 2016/17 beworben, jedoch zunächst am 19.11.2015 eine Absage erhalten. Nach Erhalt dieser Absage buchte der Kläger unter anderem auch für seine Tochter für den 23.09.2016 einen Flug von Dresden über Frankfurt am Main nach San Francisco und einen Rückflug für den 09.10.2016 von San Francisco über München nach Dresden. Mit Schreiben vom 10.02.2016 wurde ihm dann aber mitgeteilt, dass die Tochter nunmehr doch an dem Patenschafts-Programm mit Beginn am 11.08.2016, also zeitlich vor den gebuchten Flügen, teilnehmen könne. Deswegen stornierte der Kläger die Flüge für die Tochter und stellte der beklagten Versicherung die Stornierungskosten in Höhe von 887,62 Euro in Rechnung. Diese weigerte sich zu zahlen.

Schule gleich Arbeitsplatz im Sinne der Versicherungsbedingungen?

Der Kläger ist der Auffassung, es liege ein Versicherungsfall vor. Die minderjährige Tochter habe sich zum Zeitpunkt der Reisebuchung in der Schulausbildung befunden. Insoweit stehe der Schulbesuch einem Arbeitsplatz gleich. Denn bei der Teilnahme an der Schulausbildung handele es sich um eine Pflicht des minderjährigen Kindes, sein Arbeitsplatz sei die Schule, die das Zentrum seiner Beschäftigung bilde. Bei der Teilnahme an dem Patenschafts-Programm liege somit ein Arbeitsplatzwechsel vor, weshalb die Beklagte einstandspflichtig sei.

AG München: Schulwechsel kein Versicherungsfall

Die zuständige Richterin wies die Klage ab, da der Schulwechsel der Tochter des Klägers keinen Versicherungsfall darstelle. Die Fälle, in denen Versicherungsschutz bestehe, seien in den Allgemeinen Vertragsbedingungen ausdrücklich und abschließend benannt. Dort heiße es unter anderem: "Arbeitsplatzwechsel der versicherten Person oder einer mitreisenden Risikoperson (...).“ Ein solcher Arbeitsplatzwechsel der Tochter des Klägers liege hier aber nicht vor. Auch wenn der Schulbesuch verpflichtend sein möge, sei die Schule kein Arbeitsplatz des Schülers. Der Schulbesuch diene vielmehr dem Verschaffen einer Ausbildung, aufgrund derer eine Lehre oder ein anderweitiger Arbeitsplatz gesucht werden kann. Diese Vorbereitung möge zwar die Grundlage für das Erlangen eines Arbeitsplatzes sein, sei aber nicht mit einem solchen gleichzusetzen. Ein Schulwechsel oder die Inanspruchnahme eines Stipendiums mit der Teilnahme am Patenschafts-Programm stelle daher keinen Arbeitsplatzwechsel dar, so das Urteil.

AG München, Urteil vom 29.03.2017 - 273 C 2376/17

Redaktion beck-aktuell, 9. Oktober 2017.