AG München: Absehbare Krankheit rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung eines Privatschulvertrags

Häufige krankheitsbedingte Fehlzeiten geben keinen hinreichenden Grund für eine außerordentliche Kündigung eines auf zehn Monate abgeschlossenen Privatschulvertrags, wenn mit der Erkrankung bereits bei der Schulanmeldung zu rechnen war. Dies hat das Amtsgericht München entschieden und der Klage eines Schulträgers auf Zahlung von Schulgeld stattgegeben (Urteil vom 20.12.2017, Az.: 242 C 15750/16). Der beklagte Schüler hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Vertrag ging über zehnmonatigen Abiturvorbereitungskurs

Am 31.07.2015 erfolgte die Anmeldung des 20jährigen Beklagten beim klagenden Schulträger für einen zehnmonatigen Abiturvorbereitungskurs. Unterschrieben wurde die Anmeldung vom Beklagten als "Teilnehmer" und vom Vater des Beklagten als "Erziehungsberechtigten". In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es unter anderem: "Die umseitigen Geschäftsbedingungen habe ich zur Kenntnis genommen und akzeptiert. Über die Bindung an ein Schuljahr bin ich mir bewusst. Weiter bestätige ich die Richtigkeit der angegebenen Daten und verpflichte mich, den Zahlungsverpflichtungen vertragsgemäß nachzukommen (...) Eine Anmeldung zu einem Kurs ist verbindlich. Die Kurse können nicht vorzeitig ordentlich gekündigt werden. Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt davon unberührt."

Vertrag wegen Krankheit außerordentlich gekündigt

Vom 28.10. bis zum 14.12.2015 fehlte der Beklagte unter Vorlage von Schulunfähigkeitsbescheinigungen mehrfach. Anfang Dezember 2017 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie ihn wegen der Fehlzeiten und wegen fehlender Bearbeitung von Übungsaufgaben nicht zur Abiturprüfung anmelden werde, es ihm aber freistehe, sich selbst anzumelden. Am 21.12.2015 erklärte der Vater des Beklagten die außerordentliche Kündigung des Vertrages und zahlte nachfolgend kein Schulgeld mehr. Der Schulträger klagte daraufhin auf Zahlung weiteren Schulgeldes in Höhe von 3.574,75 Euro. Der Beklagte meinte, nicht er, sondern sein Vater sei Vertragspartner der Klägerin geworden. Er sei nach Schulbeginn wegen wiederkehrender Oberbauchkrämpfe, aber auch aus psychischen oder psychosomatischen Gründen schulunfähig geworden, weswegen die außerordentliche Kündigung berechtigt gewesen sei.

AG: Beklagter als Vertragspartner zur Zahlung verpflichtet

Das AG hat der Klage stattgegeben. Der beklagte Sohn sei jedenfalls auch Vertragspartner geworden und deshalb zur Zahlung des Schulgeldes verpflichtet. Durch die Unterzeichnung des unmittelbar über der Unterschrift des Beklagten stehenden Passus "[...] und verpflichte mich, den Zahlungsverpflichtungen vertragsgemäß nachzukommen" müsse ihm klar gewesen sein, dass er zur Zahlung der Unterrichtsgebühren verpflichtet sei.

Wegen vorhersehbarer Erkrankung keine wirksame außerordentliche Kündigung

Laut AG wurde der Vertrag auch nicht wirksam außerordentlich gekündigt. Der gerichtliche Sachverständige habe festgestellt, dass der Beklagte bereits seit 2013 an einem Reizdarmsyndrom mit zwei- bis dreimal pro Woche auftretenden krampfartigen Oberbauchbeschwerden litt. Somit handele es sich gerade nicht um eine plötzlich eintretende und völlig unvorhersehbare Krankheit, mit deren Eintritt bei Anmeldung zum Schulbeitritt nicht zu rechnen gewesen sei. Entscheide sich ein volljähriger und damit unbeschränkt geschäftsfähiger Schüler trotz eines bereits angelegten Krankheitsrisikos von sich aus für einen zehnmonatigen Schulbesuch, realisiere sich im Krankheitsfall gerade nicht ein neutrales Risiko, sondern ein in die Sphäre des Beklagten fallendes Risiko, das von diesem zu tragen sei, so das AG.

AG München, Urteil vom 20.12.2017 - 242 C 15750/16

Redaktion beck-aktuell, 16. Februar 2018.