BAG: Zulässige Befristung des Arbeitsvertrags eines Lizenzspielers der Fußball-Bundesliga

TzBfG § 14 I 2 Nr. 4

Die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lizenzspielern der Fußball-Bundesliga ist regelmäßig wegen der Eigenart der Arbeitsleistung des Lizenzspielers nach § 14 I 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt.

BAG, Urteil vom 16.01.2018 - 7 AZR 312/16 (LAG Rheinland-Pfalz)

Anmerkung von
Rechtsanwalt Florian Stark, Gleiss Lutz, Stuttgart

Aus beck-fachdienst Arbeitsrecht 03/2018 vom 25.01.2018

Diese Urteilsbesprechung ist Teil des zweiwöchentlich erscheinenden Fachdienstes Arbeitsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Arbeitsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis des Arbeitsrechts. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de

Sachverhalt

Der Kläger war bei dem beklagten Verein seit 2009 als Lizenzspieler (Torwart) in der 1. Fußball-Bundesliga beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete zuletzt ein Arbeitsvertrag vom Juli 2012. Dieser sah eine Befristung zum 30.6.2014 und eine Option für beide Parteien vor, den Vertrag bis zum 30.6.2015 zu verlängern, wenn der Kläger in der Saison 2013/2014 in mindestens 23 Bundesligaspielen eingesetzt wird. Nach dem Vertrag erhielt der Kläger eine Punkteinsatzprämie und eine Erfolgspunkteinsatzprämie für Ligaspiele, in denen er von Beginn an oder mindestens 45 Minuten eingesetzt ist. Der Kläger absolvierte in der Saison 2013/2014 neun der ersten zehn Bundesligaspiele. Am elften Spieltag wurde er in der Halbzeit verletzt ausgewechselt und in den verbleibenden Spielen der Hinrunde verletzungsbedingt nicht mehr eingesetzt. Nach Beendigung der Hinrunde wurde der Kläger nicht mehr zu Bundesligaspielen herangezogen, sondern der zweiten Mannschaft des Beklagten zugewiesen. Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der vereinbarten Befristung am 30.6.2014 geendet hat. Hilfsweise hat er den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses infolge der von ihm ausgeübten Verlängerungsoption bis zum 30.6.2015 geltend gemacht. Ferner hat er die Zahlung von Punkte- und Erfolgspunkteprämien für die Spiele der Rückrunde der Saison 2013/2014 in Höhe von 261.000 EUR verlangt.

Das ArbG hat dem Befristungskontrollantrag des Klägers stattgegeben und den Zahlungsantrag abgewiesen. Das LAG hat die Klage insgesamt abgewiesen.

Entscheidung

Die Revision des Klägers war nicht erfolgreich. Nach dem LAG erachtete auch das BAG die Befristung des Arbeitsvertrags des Klägers als wirksam. Sie sei wegen der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 I 2 Nr. 4 TzBfG gerechtfertigt. Im kommerzialisierten und öffentlichkeitsgeprägten Spitzenfußballsport würden von einem Lizenzspieler im Zusammenspiel mit der Mannschaft sportliche Höchstleistungen erwartet und geschuldet. Diese könne ein Lizenzspieler nur für eine begrenzte Zeit erbringen. Dies sei eine Besonderheit, die in aller Regel ein berechtigtes Interesse an der Befristung des Arbeitsverhältnisses begründe.

Da der Kläger nur in zehn Bundesligaspielen der Hinrunde der Saison 2013/2014 eingesetzt wurde, seien die Voraussetzungen der Verlängerungsoption und des geltend gemachten Prämienanspruchs für die Spiele der Rückrunde nicht erfüllt. Der Beklagte habe die Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht treuwidrig vereitelt.

Praxishinweis

Das bisher nur als Pressemitteilung vorliegende Urteil des BAG (FD-ArbR 2018, 400649) hat in der Welt des professionellen Fußballs in Deutschland für Erleichterung gesorgt. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) begrüßte das Urteil. Es sei „im Sinn und im Interesse des Wettbewerbs, der Clubs, der Fans und auch der Spieler“ und bringe Rechtssicherheit. Letzteres gilt jedenfalls insoweit, als nun mehr feststeht, dass die „Eigenart der Arbeitsleistung“ die Befristung von Arbeitsverträgen mit Lizenzspielern in der Fußball-Bundesliga grundsätzlich rechtfertigt.

Ob und inwieweit sich das Urteil auch auf  in niedrigeren Ligen aktive Profifußballer bzw. auf Profisportler anderer Sportarten übertragen lässt, wird von seiner genauen Begründung abhängen. Das LAG (ArbRAktuell 2016, 246 m. Anm. Schulz) hatte noch auf eine „Gesamtbetrachtung“ abgestellt und sich dabei u.a. auf die Unsicherheit der sportlichen Entwicklung der Spieler, das Erfordernis einer ausgewogenen Altersstruktur innerhalb einer Mannschaft, das Abwechslungsbedürfnis des Publikums, die Branchenüblichkeit befristeter Arbeitsverträge, den Schutz der Spieler vor einem Verlust des Arbeitsplatzes und auch auf die fehlende Schutzwürdigkeit der Spieler wegen ihres hohen Einkommens berufen. Ob auch das BAG eine solche Gesamtbetrachtung vorgenommen hat, bleibt in der Pressemitteilung offen. Dort wird insbesondere betont, dass im „Spitzenfußballsport“ sportliche Höchstleistungen erbracht werden müssen, welche die Spieler nur für eine begrenzte Zeit erbringen könnten.

Einige spannende Fragen im Kontext befristeter Arbeitsverträgen im Profisport werden wohl auch nach diesem Urteil  offen bleiben – etwa: Sind die Befristungen auch europarechtlich zulässig (Gutzeit, NZA-Editorial Heft 6/2016)? Welche Maßstäbe gelten für die Dauer grundsätzlich zulässiger Befristungen (Walker, NZA  2016, 657)? Raum für eine „Verlängerung“ ist also gegeben.

Redaktion beck-aktuell, 29. Januar 2018.