OLG Celle: Terminsgebühr für den Verfahrensbevollmächtigten und den Terminsvertreter

VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG; VV 3402 RVG

Nimmt in einem Unterhaltsverfahren ein Terminsvertreter mit dem Verfahrensbeteiligten einen Verhandlungstermin wahr und wird danach im schriftlichen Verfahren nach §§ 113 I FamFG, 278 VI ZPO unter Mitwirkung des Verfahrensbevollmächtigten ein Vergleich geschlossen, so entsteht für den Terminsvertreter eine Terminsgebühr nach VV 3402 RVG und für den Verfahrensbevollmächtigten gesondert eine Terminsgebühr nach VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG. (Leitsatz des Gerichts)

OLG Celle, Beschluss vom 04.07.2018 - 21 WF 163/17, BeckRS 2018, 17670

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Kostenrecht 17/2018 vom 22.08.2018

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Sachverhalt

Die 1993 geborene Antragstellerin, die im Haushalt ihrer Mutter lebte, ist die Tochter des Antragsgegners. Mit Antrag vom 12.5.2016 machte sie als privilegiertes volljähriges Kind Unterhalt für die Zeit von Juli 2011 bis Juli 2014 von insgesamt 16.569 EUR geltend. Nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 15.6.2016 nahm die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31.8.2016 ihren Antrag teilweise zurück und machte nunmehr einen Betrag von 15.335 EUR geltend. Der in H. wohnenden Antragstellerin wurde ein Terminsvertreter beigeordnet, der für diese den auf den 30.9.2016 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wahrnahm. Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage insbesondere kamen die Beteiligten überein, dass das Gericht einen Vergleichsvorschlag unterbreiten solle.

Mit Beschluss vom Dezember 2016 schlug das Amtsgericht den Beteiligten einen Vergleichsabschluss dahingehend vor, dass der Antragsgegner der Antragstellerin einen Betrag von 12.624 EUR in monatlichen Raten von 500 EUR zahlt, wobei der Antragsgegner die Kosten zu ¾ zu tragen habe. Die Verfahrensbevollmächtigten beider Beteiligten stimmten dem Vergleichsvorschlag zu, sodass der Abschluss des Vergleichs mit Beschluss vom Januar 2017 im schriftlichen Verfahren gem. §§ 113 FamFG, 278 VI ZPO vom Amtsgericht festgestellt wurde. Im Kostenausgleichsverfahren brachte die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin ua eine Terminsgebühr (1,2) nach einem Wert von 15.335 EUR in Ansatz. In seiner Gebührenrechnung vom 17.10.2016 machte der Terminsvertreter der Antragstellerin ua ebenfalls eine Terminsgebühr (1,2) geltend. Die Beteiligten stritten darüber, ob sowohl für die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin als auch für deren Terminsvertreter eine Terminsgebühr angefallen sei.

Das Amtsgericht vertrat im angefochtenen Beschluss die Auffassung, dass im vorliegenden Verfahren eine Terminsgebühr zweimal entstanden sei.

Hiergegen richtete sich die Beschwerde des Antragsgegners. Nur der Terminsvertreter könne für die Wahrnehmung des Termins eine Terminsgebühr beanspruchen. Denn in jedem Verfahrensabschnitt könne jede Gebühr nur einmal entstehen. Die von dem Hauptbevollmächtigten geltend gemachte Terminsgebühr für den Abschluss des Vergleiches nach VV 3104 I Nr. 1 RVG sei gerade nicht entstanden, da Voraussetzung hierfür sei, dass keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.

Rechtliche Wertung

Nach dem vorliegenden Verfahrensverlauf sei sowohl für den Terminsvertreter, als auch für die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin eine Terminsgebühr entstanden.

Dem Terminsvertreter stehe nach VV 3402 RVG in diesem Fall eine Terminsgebühr in Höhe der einem Verfahrensbevollmächtigten zustehenden Terminsgebühr zu. Danach habe der Terminsvertreter – vom Antragsgegner nicht infrage gestellt – nach einem Verfahrenswert von 15.335 EUR eine 1,2 Terminsgebühr abgerechnet.

Eine solche stehe – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – auch der Hauptbevollmächtigten der Antragstellerin zu. Allerdings verdiene der Hauptbevollmächtigte – anders als nach § 33 II BRAGO – nicht bereits dadurch eine Terminsgebühr, dass der Terminsvertreter einen Verhandlungstermin wahrnehme. Gleichwohl könne eine solche Gebühr neben der Terminsgebühr für den Terminsvertreter dann entstehen, wenn in der Person des Hauptbevollmächtigten die Voraussetzungen für einen entsprechenden Gebührentatbestand gegeben seien. Dies könne ua dann der Fall sein, wenn der Hauptbevollmächtigte selbst an einem Verhandlungs- oder Erörterungstermin teilgenommen habe oder bei einer schriftlichen Entscheidung, die eine Terminsgebühr auslöst, mitgewirkt habe.

Vor diesem Hintergrund stehe der Hauptbevollmächtigten der Antragstellerin auch eine 1,2 Terminsgebühr zu. Diese entstehe nach VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei, ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde. Bei dem vorliegenden Unterhaltsverfahren handele es sich ersichtlich um ein Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung (§§ 113 I FamFG, 128 I ZPO), in dem nach Maßgabe des § 278 VI ZPO ein schriftlicher Vergleich über die Unterhaltsverpflichtung des Antragsgegners geschlossen worden sei. Schlössen die Beteiligten in einer Familienstreitsache (§ 112 FamFG) einen schriftlichen Vergleich, so falle für den dabei mitwirkenden Anwalt eine 1,2 Terminsgebühr an. Zweifel an der Verwirklichung dieses Gebührentatbestands seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auch wenn der Gebührentatbestand in VV 3104 Anm. I Nr. 1 RVG eine Terminsgebühr gerade für die Fälle vorsehe, in denen es nicht zu einer mündlichen Verhandlung gekommen sei, und es ein Anliegen des Gesetzgebers sei, den Beitrag eines Rechtsanwalts zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung der Verfahren zu honorieren, rechtfertige dies für den vorliegenden Verfahrensablauf keine andere Beurteilung. Denn Anknüpfungspunkt für die Terminsgebühren seien jeweils unterschiedliche anwaltliche Tätigkeiten von verschiedenen Bevollmächtigten in Form der Terminswahrnehmung einerseits und der Beratung zum Vergleichsabschluss andererseits, für die jeweils eine Vergütung gesetzlich vorgesehen sei.

Praxistipp

Die Entscheidung des OLG Celle ist zutreffend. Bei der Vergütungsabrechnung sind der Verfahrensbevollmächtigte und der Terminsvertreter gesondert in den Blick zu nehmen. Eine Terminsgebühr entsteht beim Verfahrensbevollmächtigten beispielsweise ua auch bei einer Erledigungsbesprechung iSv von VV Vorbem. 3 III 1 Alt. 3 RVG, eine Einigungsgebühr, wenn er an der Einigung mitgewirkt hat, zB eine Einigung ausgehandelt oder zur Annahme der vom Terminsvertreter ausgehandelten Einigung geraten hat (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 23. Aufl. 2017, VV 3401 RVG, Rn. 77 ff.).

Redaktion beck-aktuell, 27. August 2018.