OLG Jena: Keine wortwörtliche Formulierung der sicheren Prognose zur Kostenentscheidung im Vergleichstext erforderlich

FamGKG § 26 III, IV

1. Nach § 26 III FamGKG hat die Inanspruchnahme anderer Kostenschuldner durch die Staatskasse zu unterbleiben, wenn dem Entscheidungsschuldner Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist. Nach § 26 IV FamFG gilt die Regelung des § 26 III FamGKG entsprechend, wenn einem Übernahmeschuldner nach § 24 Nr. 2 FamGKG Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist unter den in Ziff. 1-3 genannten Voraussetzungen.

2. Es ist in den Vergleichsvorschlag die von § 26 IV Nr. 3 FamGKG geforderte ausdrückliche Feststellung, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht, aufzunehmen. (Leitsätze des Gerichts)

3. Dass die vorgeschlagene Kostenregelung der zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht, kann sich auch dem Verfahrensverlauf und der Gerichtsakte entnehmen lassen. (von der Schriftleitung geänderter Leitsatz des Gerichts)

OLG Jena, Beschluss vom 11.10.2017 - 1 UF 42/15, BeckRS 2017, 129340

Anmerkung von
Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bühl

Aus beck-fachdienst Vergütungs- und Kostenrecht 23/2017 vom 15.11.2017

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Sachverhalt

Auf die Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers einigten sich die Beteiligten im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs gem. § 113 FamFG, § 278 VI ZPO in der Hauptsache und vereinbarten hinsichtlich der Kosten, dass die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten alleine trägt und außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Der Senat setzte den Wert des Beschwerdeverfahrens auf 2.800 EUR fest. Aufgrund des festgesetzten Beschwerdewertes wurden zwei Gebühren nach KV 1224 FamGKG mit insgesamt 216 EUR zutreffend errechnet, hinzu kam die Sachverständigenvergütung nach KV 2500 FamGKG iHv 3.228,59 EUR. Gegen diesen Kostenansatz wandte sich die Antragsgegnerin, da ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt sei. Die Erinnerung der Antragsgegnerin hatte in der Sache Erfolg.

Rechtliche Wertung

Die Inanspruchnahme der Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin als Übernahmeschuldnerin sei durch § 26 III und IV FamGKG ausgeschlossen.

Nach § 26 III FamGKG habe die Inanspruchnahme anderer Kostenschuldner durch die Staatskasse zu unterbleiben, wenn dem Entscheidungsschuldner Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei. Diese Regelung gelte nach § 26 IV FamGKG entsprechend, wenn einem Übernahmeschuldner nach § 24 Nr. 2 FamGKG Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden sei, allerdings nur unter den in den Ziffern 1 bis 3 der Vorschrift genannten Voraussetzungen, die kumulativ gegeben sein müssten.

Der Senat gehe davon aus, dass diese Voraussetzungen hier vorliegen. Die Gerichtskostenübernahme seitens der Antragsgegnerin sei in einem vor Gericht abgeschlossenen Vergleich erfolgt (§ 26 IV Nr. 1 FamGKG). Der Senat habe entsprechend der Ziffer 2 der gesetzlichen Regelung den Vergleich einschließlich der Kostenregelung den Beteiligten vorgeschlagen.

Es fehle im Ergebnis auch nicht die von § 26 IV Nr. 3 FamGKG geforderte ausdrückliche Feststellung in dem Vergleichsvorschlag, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspreche. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung habe nämlich eine ausdrückliche Feststellung durch das Gericht zu erfolgen und zwar bereits in dem Vergleichsvorschlag und nicht erst im Rahmen einer ex-post-Betrachtung im Nachhinein, wobei diese sich zudem aus den Gerichtsakten entnehmen lassen müsse und auch nicht nachgeholt werden könne.

Eine solche ausdrückliche Feststellung, dass die vorgeschlagene Kostenregelung der zu erwartenden Kostenentscheidung entspreche, lasse sich dem Verfahrensverlauf und der Gerichtsakte entnehmen.

Die von den Beteiligten vereinbarte Kostenregelung bedeute, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten übernommen habe. Der Vergleich, einschließlich der Verteilung der Kosten, beruhe auf einem Vorschlag des Gerichts. Der Senat habe mit der Verfügung vom 10.7.2017 zum Ausdruck gebracht, dass die Antragsgegnerin sämtliche Kosten mit Ausnahme der des Vergleichs, die gegeneinander aufzuheben wären, zu tragen habe, weil sie bei streitiger Entscheidung unterlegen wäre. Dass die Antragsgegnerin unterlegen ist, ergebe sich auch aus dem Verfahrensverlauf.

Der Vergleichstext enthalte zwar keine wörtliche Feststellung dazu, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspreche. Der Senat habe jedoch durch Hinweise deutlich erkennen lassen, dass der Antrag des Antragstellers in voller Höhe Erfolg habe. Der Senat habe mit Verfügung vom 26.4.2017 die Antragsgegnerin aufgefordert, den Antrag des Antragstellers aus der Antragsschrift anzuerkennen. Damit war allen Beteiligten völlig klar gewesen, dass im Falle einer streitigen Entscheidung des Senates die Kosten des Verfahrens zu 100 % von der Antragsgegnerin zu tragen sein werden.

Angesichts dessen, dass die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers in Ziffer 1. des Vergleiches nach Einholung eines Sachverständigengutachtens anerkannt habe, war eine ausdrückliche Feststellung im Sinne einer wortwörtlichen Formulierung dieser sicheren Prognose zur Kostenentscheidung in dem Vergleichstext ausnahmsweise entbehrlich. Denn dem Zweck des Gesetzes war im Einzelfall auch ohne eine förmliche Feststellung der zu erwartenden Kostenentscheidung Rechnung getragen worden.

Praxistipp

Obgleich § 26 IV Nr. 3 FamGKG als Voraussetzung eindeutig formuliert, dass erforderlich ist, dass das Gericht in seinem Vergleichsvorschlag „ausdrücklich“ festgestellt hat, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht, hat das OLG Jena in der berichteten Entscheidung genügen lassen, dass das Gericht außerhalb des Vergleichstextes durch Hinweise deutlich hat erkennen lassen, dass der Antrag des Antragstellers in voller Höhe Erfolg haben würde. In der Literatur wird demgegenüber die Auffassung vertreten, dass es aufgrund der klaren gesetzlichen Regelung unerheblich ist, wenn anderweitig festgestellt werden kann, dass die Kostenverteilung letztlich dem Vorschlag des Gerichts entspricht. Das Gericht muss vielmehr im Vergleichsvorschlag ausdrücklich feststellen, dass die Kostenverteilung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht (Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl. 2014, § 26 FamGKG Rn. 80).

Deshalb sollte der Rechtsanwalt zur Schadensvermeidung für den Mandanten unbedingt darauf achten, dass das Gericht in seinem Vergleichsvorschlag ausdrücklich feststellt oder darauf hinweist, dass die Kostenregelung der sonst zu erwartenden Kostenentscheidung entspricht (Volpert in Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 2. Aufl. 2014, § 26 FamGKG Rn. 85).

Redaktion beck-aktuell, 17. November 2017.