BGH: Die angemessene Vergütung eines Zwangsverwalters ist abhängig von Umständen des Einzelfalls

ZwVwV §§ 18 II, 17 I, 19 I

Die Bemessung der angemessenen Vergütung nach § 19 Abs. 1 ZwVwV i.V.m. § 17 Abs. 1 ZwVwV im konkreten Einzelfall ist in erster Linie Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat. Diesem steht ein Beurteilungsspielraum zu, der durch das Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt nachprüfbar ist.

BGH, Beschluss vom 15.03.2018 - V ZB 149/17 (LG Stralsund), BeckRS 2018, 9041

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 11/2018 vom 07.06.2018

Diese Urteilsbesprechung ist Teil des zweiwöchentlich erscheinenden Fachdienstes Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Neben weiteren ausführlichen Besprechungen der entscheidenden aktuellen Urteile im Miet- und Wohnungseigentumsrecht beinhaltet er ergänzende Leitsatzübersichten und einen Überblick über die relevanten neu erschienenen Aufsätze. Zudem informiert er Sie in einem Nachrichtenblock über die wichtigen Entwicklungen in Gesetzgebung und Praxis des Miet- und Wohnungseigentumsrechts. Weitere Informationen und eine Schnellbestellmöglichkeit finden Sie unter www.beck-online.de


Sachverhalt

Das Vollstreckungsgericht ordnete mit Beschluss vom 04.11.2014 die Zwangsverwaltung des im Eingang dieses Beschlusses näher bezeichneten Erbbaurechts an einem mit einer Gutshofanlage mit mehreren Gebäuden bebauten Grundstück an und bestellte den Beschwerdeführer, einen Rechtsanwalt, zum Zwangsverwalter. Dieser hat die Festsetzung seiner Vergütung für das Jahr 2015 beantragt und dabei einen Stundensatz von 80 EUR geltend gemacht.

Das Amtsgericht, das die Tätigkeit des Beschwerdeführers als von durchschnittlicher Schwierigkeit eingestuft hatte, hat einen Stundensatz von lediglich 65 EUR für gerechtfertigt erachtet. Die sofortige Beschwerde des Verwalters ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er seinen Antrag weiter, soweit diesem nicht entsprochen worden ist.

Rechtliche Wertung

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil der Vergütungssatz für durchschnittlich schwierige Tätigkeiten eines Zwangsverwalters angesichts der unterschiedlichen Praxis der Gerichte klärungsbedürftig ist.

Das Beschwerdegericht kommt zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer nicht mit einem höheren Stundensatz als 65 EUR zu vergüten ist.

Grundsätzlich richtet sich die Vergütung nach § 19 ZwVwV nach dem für die Verwaltung erforderlichen Zeitaufwand. Die Vergütung eines Zwangsverwalters ist nach § 18 ZwVwV grundsätzlich anhand der eingezogenen oder geschuldeten Mieten oder Pachten zu bemessen. Ein ausnahmsweise nach Zeitaufwand berechnete Vergütung setzt gem. § 19 ZwVwV voraus, dass das verwaltete Grundstück nicht durch Vermietung oder Verpachtung genutzt wird oder dass die Bemessung der Vergütung nach § 18 ZwVwV auch unter Ausschöpfung der Erhöhung unangemessen ist. Vorliegend wird das Erbbaurechtsgrundstück durch Verpachtung genutzt. Allerdings wurde kein Pachtzins geleistet, sondern nur Versicherungsprämien und sonstige grundstücksbezogenen Kosten.

Die Bemessung der Stundenvergütung mit 65 EUR ist nicht zu beanstanden.

Der in § 19 Abs. 1 ZwVwV festgeschriebene Vergütungsrahmen könnte gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen, wenn er die Gerichte nötigte, zu geringe und dadurch die Berufsausübung beeinträchtigende Vergütungen festzusetzen. Dass die nach § 19 ZwVwV zu ermittelnden Stundensätze nicht einmal die Selbstkosten des Zwangsverwalters decken, sei nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der beruflichen Qualifikation des Klägers als Rechtsanwalt. Die aus einer bestimmten Ausbildung folgende Qualifikation des Verwalters bildet allein kein Kriterium bei der Bemessung der Höhe des Stundensatzes. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Zwangsverwalter seine berufliche Qualifikation einsetzen musste. Dass besondere Qualifikationen vergütungsrechtlich nur relevant sind, wenn das Anforderungsprofil der konkreten Zwangsverwaltung ihren Einsatz erfordert, wird durch § 17 Abs. 3 ZwVwV bestätigt. Der Tatrichter habe zu beurteilen, ob die Qualifizierung der Tätigkeit des Beschwerdeführers als unterdurchschnittlich schwierig darstellt. Insoweit sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Insoweit gebe es keine „Faustregel-Tabellen“.

Da das Beschwerdegericht die Tätigkeit des Beschwerdeführers fehlerfrei als unterdurchschnittlich schwierig qualifiziert hat und hierfür einen Stundensatz von 65 EUR für angemessen hält, kommt es auf die Frage, welche Stundenvergütung für ein Verfahren von durchschnittlicher Schwierigkeit angemessen ist, nicht an.

Praxishinweis

Der BGH schließt sich mit der vorliegenden Entscheidung seiner bisherigen Rechtsprechung an, wonach als Zwangsverwalter eingesetzte Rechtsanwälte und Rechtsbeistände bei der Bemessung der Vergütung nach Zeitaufwand grundsätzlich gleich zu behandeln sind (BGH, Beschluss vom 15.03.2007 – V ZB 117/06, NJW-RR 2007, 1150; Beschluss vom 27.02.2004 – IXa ZB 37/03, NZI 2004, 399). Eine höhere Vergütung kommt für einen Rechtsanwalt nur dann in Betracht, wenn – wie der BGH auch vorliegend bestätigt – der Zwangsverwalter seine berufliche Qualifikation einsetzen muss. Danach kann ein zum Verwalter bestellter Rechtsanwalt für Tätigkeiten die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwaltes abrechnen, wenn ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter die Tätigkeit einem Rechtsanwalt übertragen hätte (BGH, Beschluss vom 25.08.2004 – IXa ZB 32/03, NZM 2004, 879); entsprechendes gilt für zum Verwalter bestellte Steuerberater und Angehörige anderer Berufe mit besonderer Qualifikation. Hat der als Zwangsverwalter eingesetzte Rechtsanwalt die besonderen bauordnungsrechtlichen Gegebenheiten des verwalteten Grundstücks sowie die Grundsteuerpflicht überprüft, dürfte für einen Teil der Tätigkeit eine erhöhte Vergütung mit einem Höchstsatz von 95 Euro in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 27.02.2004 – IXa ZB 37/03, NZI 2004, 399). Im Übrigen hat der Verordnungsgeber die Bemessungsgrundlage für die Vergütung bewusst an den tatsächlich bezogenen Miet- oder Pachtzinsen ausgerichtet, um einen Anreiz für die Eintreibung von Außenständen zu setzen (BR-Dr 842/03, S. 15 f). Die Bestimmungen über die Zwangsverwaltervergütung sollen nicht nur eine angemessene Vergütung des Zwangsverwalters sicherstellen, sondern zugleich den Interessen der Gläubiger an einer sparsamen und zugleich effektiven Verwaltung dienen (BGH, Beschluss vom 26.04.2012 – V ZB 155/11, NJW-RR 2012, 979).

Redaktion beck-aktuell, 7. Juni 2018.