BGH: Streitwert im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren

GKG § 49a

Das Interesse des Klägers an der Wiederbestellung des Verwalters ist - regelmäßig - nach seinem Anteil an dem Verwalterhonorar für den Zeitraum der Wiederbestellung zu bemessen.

BGH, Beschluss vom 15.03.2018 - V ZR 59/17 (LG Gera), BeckRS 2018, 7875

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 10/2018 vom 24.05.2018

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Sachverhalt

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit 103 Sondereigentumseinheiten, von denen 83 im Eigentum der Klägerin, die übrigen im Eigentum der Beklagten stehen. Am 07.12.2015 beschlossen die Wohnungseigentümer mit den Stimmen der Beklagten und unter Nichtberücksichtigung der Stimmen der Klägerin, die amtierende Verwalterin, die Streithelferin der Beklagten, für weitere drei Jahre als Verwalterin zu bestellen.

Das Amtsgericht hat die Beschlussanfechtungsklage abgewiesen. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Landgericht den Beschluss für ungültig erklärt. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde möchte die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts erreichen.

Rechtliche Wertung

Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR nicht übersteigt.

Der im wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren gemäß § 49a GKG zu bestimmende Streitwert entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer. Maßgeblich ist das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist.

Daran gemessen ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.

Das Interesse des Klägers an der vorzeitigen Abberufung des Verwalters ist - regelmäßig - nach seinem Anteil an dem restlichen Verwalterhonorar zu bemessen. Der Anteil an dem Verwalterhonorar ist auch für die Bestimmung der Rechtsmittelbeschwer beim Streit um die Neu- oder - hier - Wiederbestellung des Verwalters maßgeblich. Die Entscheidung der Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters wird zwar wesentlich durch die Person, die Qualifikation und die zu erwartende bzw. bekannte Amtsführung des Verwalters bestimmt sein. Das Verwalterhonorar ist aber ein ebenso wichtiger Aspekt und in der Regel das gegebene Hilfsmittel, um das jeweilige Interesse an einer Entscheidung über die Neu- oder Wiederbestellung des Verwalters einzuschätzen.

Der Anteil der Beklagten an dem danach maßgeblichen Gesamthonorar der Streithelferin für den beschlossenen Wiederbestellungszeitraum von drei Jahren liegt unter dem Schwellenwert von 20.000 EUR. Da das Verwalterhonorar hier nach Wohnungen verteilt werden soll (§ 6 Nr. 1 GO), ist die Gesamtvergütung für 20 Wohnungen anzusetzen. Das Gesamthonorar der Streithelferin in diesem Zeitraum beträgt 642,60 EUR brutto je Wohnung. Das ergibt für die 20 Wohnungen der Beklagten einen Gesamtbetrag von 12.852 EUR.

Praxishinweis

Der BGH setzt mit der vorliegenden Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung fort, wonach der Streitwert für die Bestellung des Verwalters ebenso wie für die Abberufung des Verwalters nach der Verwaltervergütung zu bestimmen ist. Für die Abberufung des Verwalters hatte der BGH bereits entschieden (BGH, Urteil vom 10.02.2012 − V ZR 105/11, NJW 2012, 1884; Beschluss vom 16.06.2016 – V ZR 292/14, NJW 2016, 3104), dass das Gesamtinteresse der Parteien anhand des in der restlichen Vertragslaufzeit anfallenden Verwalterhonorars geschätzt werden kann. Bei der Bestellung eines neuen Verwalters kann die Schätzung an die auf die gesamte Vertragslaufzeit entfallende Verwaltervergütung anknüpfen. Das Interesse des Klägers kann nach seinem Anteil an der jeweils zu Grunde zu legenden Verwaltervergütung bestimmt werden (BGH, Urteil vom 10.02.2012 − V ZR 105/11, NJW 2012, 1884).

Wird mit einer Klage neben der Abberufung des Verwalters auch die Bestellung eines namentlich bezeichneten neuen Verwalters erstrebt, sind bei der Festsetzung des Gegenstandswerts beide Anträge zu berücksichtigen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist aber nur das die Abberufung überschießende Interesse an der Bestellung eines neuen Verwalters zu ermitteln. Wird das jeweilige Interesse anhand der Vergütungsansprüche des Verwalters geschätzt, sind daher die Laufzeiten des Alt- und Neuvertrages derart zu berücksichtigen, dass bei sich überschneidenden Zeiträumen nur der jeweils höhere Honoraranspruch angesetzt wird.

Redaktion beck-aktuell, 24. Mai 2018.