LG Fulda: Warmwasserversorgung des Mieters im Hochsommer

ZPO §§ 935, 940; BGB § 535 I 1

1. Der Vermieter von Wohnraum ist auch bei warmen Außentemperaturen verpflichtet, die Versorgung der Wohnung mit Warmwasser sicherzustellen.

2. Der Ausfall der Warmwasserversorgung rechtfertigt auch im Hochsommer einen Verfügungsgrund i.S.d. §§ 935, 940 ZPO.

LG Fulda, Beschluss vom 05.01.2018 - 5 T 200/17 (AG Bad Hersfeld), BeckRS 2018, 51

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 02/2018 vom 01.02.2018

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Sachverhalt

Mit Schriftsatz vom 13.07.2017, eingegangen am 20.07.2017, beantragte die Antragstellerin, die in einer von der Antragsgegnerin vermieteten Wohnung wohnt, den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin. Die Antragstellerin wollte damit erreichen, dass die Wohnung wieder mit Warmwasser versorgt und beheizt wird. Sie gab an, am 30.06.2017 habe sie festgestellt, dass weder Heizung noch Warmwasser funktionieren. Daraufhin habe sie erfolglos versucht, der Antragsgegnerin dies per Telefon und SMS mitzuteilen. Am 04.07.2017 habe sie durch anwaltliches Schreiben versucht, die Antragsgegnerin zur Wiederherstellung der Versorgung mit Heizung und Warmwasser zu bewegen, worauf die Antragsgegnerin aber ebenfalls nicht reagiert habe.

Das Amtsgericht beraumte einen Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 28.07.2017 an. Mit Schriftsatz vom 28.07.2017 erklärte die Antragstellerin ihren Antrag für erledigt, da die Antragsgegnerin nach Einreichung des Antrags die Warmwasserversorgung wieder aufgenommen habe. Die Antragsgegnerin schloss sich der Erledigung an. Mit Beschluss vom 22.08.2017 hat das Amtsgericht die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin auferlegt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Rechtliche Wertung

Die Beschwerde hat Erfolg. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens waren der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da die Antragstellerin mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung voraussichtlich Erfolg gehabt hätte.

Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, war gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.

Der Verfügungsanspruch folgt aus § 535 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Vermieter hat dem Mieter den Gebrauch der Mietsache zu überlassen. Die Antragsgegnerin ist als Vermieterin gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auch verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dazu gehört auch die Versorgung mit Heizung und Warmwasser. Die Antragsgegnerin ist als Vermieterin dafür verantwortlich, dass die Warmwasserversorgung funktioniert und dass die Wohnung ausreichend beheizt werden kann. Zu dieser Verpflichtung gehört es auch, die Mieter vor Heizungsausfällen, etwa durch Leerlaufen des Öltanks, zu bewahren. Es ist ihre Verpflichtung, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Heizung und der Warmwasserversorgung ein Ende hat. Dies liegt auch innerhalb ihres Einfluss- und Verantwortungsbereiches.

Die Antragstellerin hatte auch ein berechtigtes Interesse an einer Regelung im Wege einer einstweiligen Verfügung. Sowohl die Versorgung der Wohnung mit Warmwasser als auch mit ausreichend Wärme durch eine funktionsfähige Heizung ist schon aus gesundheitlichen Gründen dringend und rechtfertigt einen Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940 ZPO. Dem stehe auch nicht entgegen, dass sich die Versorgungsunterbrechung im Hochsommer ereignete. Zwar wird ein Mieter in einer Jahreszeit mit hohen Außentemperaturen einen Ausfall der Heizung wohl hinnehmen können, sodass bei einem Ausfall allein der Raumheizungen eine Eilbedürftigkeit im Hochsommer zu bezweifeln wäre. Anders ist es aber bei einem Ausfall des Warmwassers, der gerade hier auch eingetreten war. Die Versorgung mit Warmwasser hat für die Körperhygiene des Menschen erhebliche Bedeutung, zumal im Hochsommer, da der menschliche Körper bei hohen Außentemperaturen verstärkt zum Schwitzen neigt und eine Einschränkung der Wasch- und Duschmöglichkeiten gerade dann besonders unangenehme Folgen zeigen kann.

Auch das Verhalten der Antragstellerin selbst spricht nicht gegen einen Verfügungsgrund. Sie hat den Verfügungsgrund nicht durch zu langes Zuwarten bis zur Beantragung der einstweiligen Verfügung selbst widerlegt. Die Notwendigkeit für eine einstweilige Verfügung könne zwar infolge Selbstwiderlegung durch längeres Zuwarten in Kenntnis der sie rechtfertigenden Umstände entfallen. Die Antragstellerin hat aber mit ihrem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung nicht zu lange zugewartet. Unstreitig sind Heizung und Warmwasser bereits am 30.06.2017 ausgefallen. Die Antragstellerin hat sich dann zunächst, wie sie glaubhaft gemacht hat, ohne Erfolg telefonisch und per SMS an die Antragsgegnerin gewandt. Unter dem 04.07.2017 wandte sie sich dann bereits per Anwaltsschreiben an diese. Als dies nichts fruchtete, beantragte sie, eingehend am 20.07.2017, den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Die Antragstellerin hat hier nicht unnötig lange zugewartet.

Praxishinweis

Im Rahmen einer einstweiligen Verfügung ist regelmäßig zu beachten, dass mit dem Antrag nicht zu lange gewartet wird. Die Dringlichkeit für eine Maßnahme nach §§ 935, 940 ZPO ist nämlich zu verneinen, wenn der Antragsteller in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände zunächst eine längere Zeit untätig bleibt und/oder die Rechtsmittelfristen verlängern lässt und diese Verlängerung in vollem Umfang ausschöpft. In einem solchen Fall liegt eine Selbstwiderlegung des Verfügungsgrundes durch den Antragsteller vor. Dies wird überwiegend, aber nicht ausschließlich für Streitigkeiten aus dem Wettbewerbsrecht angenommen. Auch in anderen Rechtsgebieten, in denen der Antragsteller besondere Dringlichkeit geltend macht, obwohl neben dem Eilverfahren das Hauptsacheverfahren eine abschließende und auch in einem überschaubaren Zeitrahmen mögliche Entscheidung erwarten lässt, wird das prozessuale Verhalten des Antragstellers in derselben Weise gewürdigt. Für die noch hinzunehmende Zeitspanne (in der Regel vier Wochen im Wettbewerbsrecht, ansonsten bis zu drei Monaten) sind die Besonderheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Schwierigkeit tatsächlicher und rechtlicher Art maßgeblich (OLG Hamm Urteil vom 06.09.2010 – 5 U 38/10, BeckRS 2010, 29048; LG Berlin, Hinweisbeschluss vom 13.5.2014 – 67 S 105/14, NJW-RR 2015, 14; Musielak/Huber, ZPO, 14. Auflage, § 940 Rn. 4).

Das LG Fulda urteilt zutreffend, dass die fehlende Versorgung einer Wohnung mit Warmwasser einen Verfügungsgrund rechtfertigt. Sind Räume mit zentraler Warmwasserversorgung vermietet, so hat der Vermieter ganzjährig warmes Wasser in ausreichenden Mengen mit den üblichen Temperaturen zu liefern (LG Berlin, Urteil vom 26.05.1998 - 64 S 266–97, NZM 1999, 1039). Der Vermieter hat die Mieträume grundsätzlich auch ganzjährig mit Wärme zu versorgen (LG Landshut, Urteil vom 18.12.1985 - 1 S 1222/85, WuM 1989, 175). Ist beispielsweise die Heizung defekt, kann der Mieter zwar in den Sommermonaten nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 15.12.2010 - XII ZR 132/09, NJW 2011, 514) die Miete nicht mindern, dennoch bleibt ihm der Herstellungsanspruch. Der Mieter muss nicht auf die Wintermonate warten, um dem Vermieter zu Reparatur anzuhalten (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 13. Auflage, § 536 BGB Rn. 353). Wirkt sich ein Mangel nur periodisch erheblich auf die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache aus, ist die Miete auch nur in diesem Zeitraum kraft Gesetzes herabgesetzt (BGH, Urteil vom 15.12.2010 - XII ZR 132/09, NJW 2011, 514 zu einem Gewerberaummietverhältnis). Hinnehmbar ist eine Begrenzung der Heizperiode in AGB auf die Zeit vom 1. Oktober bis 30. April (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Auflage, II. Rn. 1400; aA Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 13. Auflage, § 535 BGB Rn. 392: ganzjährige Heizpflicht), wenn auch außerhalb der Heizperiode ein sog. Zwischenheizen für den Fall vorgesehen ist, dass dies im Hinblick auf die Außentemperaturen erforderlich ist, um angemessene Raumtemperaturen zu erreichen. Der vollständige Ausschluss der Heizpflicht außerhalb der Heizperiode ist gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam (LG Frankfurt, Urteil vom 27.02.1990 - 2/13 O 474/89, WuM 1990, 275; LG Hamburg, Urteil vom 05.06.1987 - 11 S 130/86, ZMR 1988, 389).

Redaktion beck-aktuell, 5. Februar 2018.