AG Brandenburg: Keine Mietminderung wegen verlegtem Mülltonnenplatz

BGB §§ 242, 535 II, 536 I 3, 1004

Die Verlegung eines Mülltonnen-Platzes durch den Vermieter und die hierdurch bedingte, rein optische Beeinträchtigung des Ausblicks eines Mieters stellt gemäß § 536 Abs. 1 S. 3 BGB in Verbindung mit § 242 BGB nur eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit der Mietsache dar, wenn durch diese Verlegung des Mülltonnen-Platzes weder Geruchs noch Lärm-Beeinträchtigungen hinzutreten.

AG Brandenburg, Urteil vom 13.10.2017 - 31 C 156/16, BeckRS 2017, 127797

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwältin Nicola Bernhard, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 21/2017 vom 26.10.2017

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Sachverhalt

Die Klägerin/Widerbeklagte/Vermieterin vermietete dem Beklagten/Widerkläger/Mieter ab dem 16. Mai 2007 eine zu dem Hof der Wohnanlage liegende Parterre-Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Müll- und Biotonnen der Wohnanlage der Klägerin und die Papiertonnen – nunmehr unstreitig – noch bei dem Hauseingang.

Im Rahmen einer baulichen und gärtnerischen Neugestaltung des Hofes durch die Klägerin im Jahre 2009 wurde dann – neben der neuen, gartenlandschaftlichen Gestaltung des Hofes – auch eine „Gitterbox" (eingezäunter, mit Pflastersteinen gepflasterter Bereich mit einer Stahl-Doppeltür) für 7 Mülltonnen á 240 Liter und 3 Biotonnen sowie 2 „gelbe" Tonnen auf dem Hof, in der Nähe des Eingangs zum Keller ...Straße Nr. 16 errichtet, so dass diese Müll-, Bio- und „gelben" Tonnen seit diesem Zeitpunkt nicht mehr bei dem Hauseingang Nr. 10 bzw. an der Straße „..." sondern auf dem Hof des Gebäudekomplexes in Höhe des Kellereingangs Nr. 16 abgestellt waren.

Das Küchenfenster und das Badezimmer der Wohnung des Beklagten/Widerklägers befinden genau gegenüber der „Gitterbox" für die Müll-, Bio- und gelben Tonnen, sein Schlaf- und Wohnzimmer befinden sich jeweils seitlich versetzt gegenüber diesem Abstellplatz für diese Tonnen.

Der Abstand zwischen der Wand des Hauses Nr. 16 bis zu der „Gitterbox" für die Müll-, Bio- und „gelben" Tonnen beträgt ca. 10 m.

Zwischen der Wand des Hauses und dieser „Gitterbox" befindet sich zunächst beim Kelleraufgang ein Rosen-Beet mit einer anschließenden, kurz gehaltenen Hecke. Hiernach ist dann ein gepflasterter Zufahrtsweg für Fahrzeuge auf dem Hof vorhanden. Danach erst schließen sich dann der mit gelben Steinen gepflasterter Zugang zu der „Gitterbox" und die „Gitterbox" selbst an.

Etwa im Jahre 2015 wurde dann durch die Klägerin seitlich neben der „Gitterbox" für die Müll-, Bio- und „gelben" Tonnen auf dem Hof unstreitig auch noch auf einer Fläche von ca. 20 m² eine „Einhausung" bzw. ein „hölzerner Unterstellplatzes für Altpapiercontainer" (d.h. ein ebenso eingezäunter Bereich mit Holzlatten) für die „blauen" Papiertonnen errichtet.

Seit November 2015 beträgt die monatlich zu zahlende Miete 344,97 Euro. Die insofern erfolgte Erhöhung von 16,66 Euro/Monat zahlte der Beklagte/Widerkläger nicht.

Von Dezember 2015 an kam der Beklagte/Widerkläger seiner monatlichen Mietzahlung zudem unstreitig nicht mehr in voller Höhe nach, sondern kürzten die Miete in den Monaten Dezember 2015 bis einschließlich Juli 2016 um jeweils 34,49 Euro/Monat – d.h. um 10% der Bruttomiete –, so dass bis Ende Juli 2016 der offene Zahlungsbetrag insgesamt 292,58 Euro betrug.

Die Kläger/Widerbeklagten verrechneten hierauf dann jedoch im Jahre 2016 die offenen Mietzinszahlungen in Höhe von 292,58 Euro mit einer dem Beklagten/Widerkläger zustehenden Gutschrift aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2015 in Höhe von insgesamt 146,97 Euro, so dass sich hiernach dann noch ein offener, nunmehr mit der Klage geltend gemachter Betrag in Höhe von 145,61 Euro (292,58 € - 146,97 €) ergab.

Rechtliche Wertung

Die Klage ist begründet, die Widerklage nicht.

Der Klägerin/Widerbeklagten steht gegenüber dem Beklagten/Widerkläger ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Miete in Höhe von 145,61 Euro für den Zeitraum bis einschließlich Juli 2016 zu (§§ 535, 536 ff. BGB). Der Beklagte/Widerkläger befand sich insofern nämlich mit der Mietzahlung für die Monate November 2015 bis einschließlich Juli 2016 in Verzug.

Grundsätzlich gehört es zum vertragsgemäßen Gebrauch, dass eine Vermieterin ihren Mietern einen zumutbaren Platz zum Aufstellen von Mülltonnen mit einer ausreichenden Anzahl dieser Tonnen zur Verfügung stellt.

Richtet die Vermieterin – so wie hier die Klägerin – einen neuen Platz für die Mülltonnen ein, kann ggf. sogar ein nicht nur unerheblicher Mangel gegeben sein, wenn der jeweilige Mieter den Hausmüll nicht mehr nur wenige Schritte von dem Mietshaus weiter entleeren kann, sondern nunmehr einen Weg zum Müll Platz von 165 m oder mehr zurücklegen muss, so dass der nunmehr in diesem Objekt zentral (und nicht mehr am Außenrand) gelegene Mülltonnenplatz sogar eine Verbesserung für die meisten Mieter in diesem Objekt darstellt. In diesem Fall begründet die Stilllegung des vorherigen Mülltonnenplatzes am Rand des Objekts keinen zur Mietminderung berechtigenden Mangel.

Nach § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB bleibt eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit der Mietsache außer Betracht. Eine unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit der vermieteten Sache liegt auch dann vor, wenn sie bei objektiver Betrachtungsweise nicht spürbar ins Gewicht fällt, so dass die Geltendmachung einer Mietminderung gegen Treu und Glauben verstieße. Insbesondere begründen nachteilige Veränderungen des Wohnumfeldes einen Mangel nur dann, soweit hierdurch der Gebrauch der Wohnung zu Mietzwecken unmittelbar und erheblich beeinträchtigt wird. Vorliegend liegen weder Lärm- noch Geruchsbeeinträchtigungen des Mieters vor, was die Beweisaufnahme ergeben hat. Es kommt allenfalls eine rein optische Beeinträchtigung des Mieters in Betracht, die jedoch nur geringfügige Auswirkungen habe, so dass lediglich eine unerhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit vorliegt.

Praxishinweis

Das AG Brandenburg hat in diesem konkreten Fall einen Mangel der Mietsache mit überzeugenden Argumenten verneint. Richtet der Vermieter einen neuen Platz für die Mülltonne ein, so dass der Mieter den Hausmüll nicht mehr nur wenige Schritte von dem Miethaus in die dort ehemals befindlichen Mülltonnen entleeren kann, sondern nunmehr einen an zwei Häusern vorbeiführenden Weg zum Müllplatz zurücklegen muss, kann ein nicht nur unerheblicher Mangel gegeben sein. Wird der neue Müllplatz im Interesse der übrigen Hausgemeinschaft so verlegt, dass ein Mieter des Hauses Beeinträchtigungen hinnehmen muss, schließt das das Minderungsrecht des von der Beeinträchtigung betroffenen Mieters nicht aus (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Komm. z. MietR, 13. Auflage, § 536 Rn. 263). Allerdings muss der Mieter nicht dulden, dass der vertragsgemäße Zustand der Mietsache verändert wird, nämlich, dass der vor seinem Wohn- und Schlafzimmer befindlichen Vorgarten zum Aufstellen der Mülltonnen benutzt wird und die bisher hochgewachsene Hecke und ein niedriger Eisenzaun (teilweise) entfernt werden (AG Hamburg, Urteil vom 05.02.2002 – 48 C 322/01, BeckRS 2002, 30932517). Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen und auch optische Beeinträchtigungen durch die verlegten Mülltonnen können durchaus einen Mangel darstellen, allerdings muss der Mieter die Beeinträchtigungen darlegen und beweisen. Zur Darlegung wiederkehrender Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs genügt eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. Der Vorlage eines "Protokolls", aus dem sich Beginn und Ende der Störung, bezogen auf eng begrenzte Zeiträume, sowie objektive Angaben über einzelne bzw. der Vorlage von Lärmmessungen bedarf es nicht (BGH, Beschluss vom 21.02.2017 - VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877).

Redaktion beck-aktuell, 26. Oktober 2017.