LG Potsdam: Eintritt des Erwerbers in die Sicherungsabrede zur Mietkaution

BGB §§ 566a, 814

Ein Grundstückserwerb nach der Beendigung eines Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters führt nicht zum Eintritt des neuen Eigentümers in die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters aus dem beendeten Mietverhältnis und aus einer Sicherungsabrede zur Mietkaution.

LG Potsdam, Urteil vom 11.03.2016 - 13 S 39/15 (AG Potsdam), BeckRS 2016, 111504

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub und Rechtsanwältin Nicola Bernhard
Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München

Aus beck-fachdienst Miet- und Wohnungseigentumsrecht 03/2017 vom 16.2.2017

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Sachverhalt

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Zinsen auf eine von ihm geleistete Mietsicherheit sowie die Erstattung von Rechtsanwaltskosten und anderweitigen Kosten in Anspruch. Der Beklagte begehrt im Wege der Widerklage die Rückzahlung einer an den Kläger geleisteten Zahlung.

Der Kläger war im Zeitraum vom 11.11.2007 bis zum 30.09.2013 Mieter einer Wohnung. Ursprüngliche Vermieterin des Klägers war die M GmbH. Der Kläger leistete in drei Raten die in § 23 des Mietvertrages vereinbarte Mietsicherheit i.H.v. 1.301 EUR in Form einer Barkaution an die zum damaligen Zeitpunkt mit der Verwaltung betraute Hausverwaltung G. Das Mietobjekt wurde von der ASCANIA im Jahr 2008 zu Eigentum erworben. Diese veräußerte das Mietobjekt im Jahr 2013 an den Beklagten. Die Eintragung des Beklagten als Eigentümer in das Grundbuch erfolgte am 16.12.2014. Der Kaufvertrag zwischen der ASCANIA und dem Beklagten enthielt die Vereinbarung eines Lasten-Nutzenwechsels zum 01.08.2013. Der Beklagte hat von der ASCANIA keine Mietsicherheiten der Mieter der streitgegenständlichen Liegenschaft übertragen erhalten.

Mit Schreiben vom 06.08.2013 hatte die WGW Hausverwaltungs GmbH (nachfolgend WGW) dem Kläger angezeigt, dass sie die Verwaltung der Liegenschaft für den neuen Eigentümer - den Beklagten - übernehme und die Mietzahlung nunmehr an diesen erfolgen sollte. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach. Derr Kläger hat die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses erfolgte am 01.10.2013 an die WGW herausgegeben.

Der Kläger forderte die WGW mit Mailschreiben vom 16.10.2013 auf, die geleistete Mietsicherheit an ihn zurückzuzahlen. Dies lehnte die WGW mit Mailschreiben vom 22.10.2013 zunächst mit der Begründung ab, dass der Beklagte noch nicht im Grundbuch eingetragen und von einer Mietsicherheit nichts bekannt sei. Der Kläger übersandte der WGW daraufhin Nachweise über die Einzahlung der Kaution in Form von Kontoauszügen. Für die Erstellung dieser Nachweise hat der Kläger an seine Hausbank eine Aufwandsentschädigung i.H.v. 29,97 EUR zahlen müssen. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 10.07.2014 forderte der Kläger die WGW erneut auf, die geleistete Mietsicherheit nebst Anlagezinsen sowie nebst der ihm entstandenen Kosten für die Einholung der Bankbestätigung und der vorgerichtlichen Anwaltskosten zu zahlen.

Die WGW zahlte am 14.07.2014 an den Kläger einen Betrag i.H.v. 1.301 EUR.

Mit Schreiben vom 18.07.2014 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die WGW zum Ausgleich der Anlagezinsen und der vorbenannten Kosten auf. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30.07.2014 forderte der Beklagte den Kläger zur Rückzahlung der 1.301 EUR mit der Begründung auf, dass es sich hierbei um eine irrtümliche Zahlungsanweisung gehandelt habe.

Rechtliche Wertung

Die Berufung des Beklagten sei begründet - soweit er sich gegen die Verurteilung durch das Amtsgericht auf die klageweise geltend gemachten Ansprüche zur Zahlung von Anlagezinsen i.H.v. 116,56 EUR, zur Zahlung von Kosten für die Kontoauszüge i.H.v. 29,97 EUR sowie zur Zahlung von vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 201,71 EUR wendet.

Dem Kläger stünden die vorbezeichneten Ansprüche gegenüber dem Beklagten nicht zu, da diese als Nebenforderungen von dem Bestehen eines Rückzahlungsanspruchs des Klägers gegenüber dem Beklagten hinsichtlich der von ihm geleisteten Mietsicherheit abhängen. Ein solcher Rückzahlungsanspruch bestehe jedoch nicht.

Der Beklagte sei zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages nicht der Vermieter und Sicherungsnehmer der Barkaution gewesen. Er habe die Mietsicherheit auch nicht zu einem zeitlich späteren Zeitpunkt erhalten. Da der Beklagte unstreitig nicht Leistungsempfänger der Mietsicherheit war, käme seine Inanspruchnahme nur dann in Betracht, wenn entweder die gesetzliche Regelung des § 566a BGB zum Tragen käme oder der Beklagte im Wege einer vertraglichen Vereinbarung zwischen ihm, dem Kläger und der ASCANIA als Sicherheitsnehmer in die Mietsicherheitsvereinbarung/Barkautionsabrede eingetreten wäre.

Die Vorschrift des § 566a BGB, die einen gesetzlichen Forderungsübergang regelt, komme vorliegend nicht zum Tragen. Nach § 566a BGB trete der Erwerber in die begründeten Rechte und Pflichten einer vom Wohnraummieter geleisteten Mietsicherheit ein. Nach ihrem Wortlaut setzen die §§ 566, 566a BGB grundsätzlich voraus, dass im Zeitpunkt des Eigentumswechsels ein wirksames Mietverhältnis besteht und sich der Mieter (noch) im Besitz der Wohnung befinde.

Ein Grundstückserwerb nach der Beendigung eines Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters führe nicht zum Eintritt des neuen Eigentümers in die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters aus dem beendeten Mietverhältnis und aus einer Sicherungsabrede zur Mietkaution. Dies sei jedoch vorliegend der Fall. Zum Zeitpunkt der Eintragung des Beklagten in das Grundbuch im Dezember 2013 und damit zum Zeitpunkt seines Eigentumserwerbs (§ 873 BGB) sei das Mietverhältnis bereits beendet gewesen und der Kläger aus der Mietwohnung ausgezogen.

Entgegen der vom Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Ansicht könne vorliegend auch nicht von einem Eintritt des Beklagten in die Sicherungsabrede zur Mietkaution aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien und der ASCANIA ausgegangen werden. Die Auswechslung eines Vertragspartners könne zwar sowohl im Wege eines dreiseitigen Vertrags zwischen der ausscheidenden, der übernehmenden und der verbleibenden Partei vereinbart werden, als auch durch Vereinbarung zwischen zwei Beteiligten, wenn der Dritte zustimmt.

Diese Voraussetzungen seien in dem hier zur entscheidenden Fall jedoch nicht erfüllt. Soweit der Kläger an den Beklagten Mietzahlungen geleistet und die Wohnung an die WGW herausgegeben hat, habe er dies im Vertrauen darauf getan, dass die Information der WGW, der Beklagte sei (bereits) der neue Eigentümer, zutreffend war. Ihm fehlte daher bei Vornahme seiner Handlungen ein Bewusstsein dahingehend, dass seinem Handeln hinsichtlich der Auswechslung der Person des Vermieters ein Erklärungswert zukommt.

Dem Beklagten stehe aus den vorstehenden Erwägungen ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Betrages von 1.301 EUR aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Die Vorschrift des § 814 BGB stehe einer Rückforderung des Betrages nicht entgegen. Zwar könne gemäß § 814 BGB das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Dies setze aber voraus, dass der Leistende zum Zeitpunkt der Leistungsbewirkung wusste, dass er nichts schuldete. Ein „Kennen müssen“ genüge nicht, selbst wenn die Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht. Davon, dass der für die Hausverwaltung handelnde Mitarbeiter, Herr Robin C., Kenntnis davon hatte, dass der Rückzahlungsanspruch nicht besteht und er die Leistung gleichwohl auch für diesen Fall bewirken wollte, könne nicht ausgegangen werden. Dies werde auch vom Kläger selbst nicht ernsthaft behauptet und durch entsprechenden Tatsachenvortrag untermauert.

Praxishinweis

Das LG Potsdam schließt sich mit der vorliegenden Entscheidung der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 04.04.2007 - VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818) an, wonach der neue Eigentümer bei einem Grundstückserwerb nicht in die Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters und aus einer Sicherungsabrede zur Mietkaution aus einem beendeten Mietverhältnis eintritt, wenn der Eigentumsübergang erst nach Beendigung des Mietverhältnisses und Auszug des Mieters erfolgt.

Der in § 566 BGB geregelte Eintritt des Erwerbers in ein bestehendes Mietverhältnis dient dem Schutz des Mieters, dem die Wohnung aufgrund eines wirksamen Mietvertrages überlassen worden ist. Die ihm dadurch von seinem Vertragspartner eingeräumte Rechtsstellung – der berechtigte Besitz – soll ihm auch gegenüber einem späteren Erwerber des Grundstücks erhalten bleiben. Das Erfordernis der Überlassung der Wohnung an den Mieter erfüllt ferner eine Publizitätsfunktion, denn der Erwerber kann in der Regel bereits aus der Besitzlage ablesen, in welche Mietverhältnisse er eintreten muss. § 566a BGB ergänzt den Schutz des Mieters dadurch, dass der Erwerber außerdem in die sich aus der Sicherungsvereinbarung zur Mietkaution ergebenden Rechte und Pflichten des Vermieters eintritt.

Nach ihrem Wortlaut und Zweck setzen §§ 566, 566a BGB deshalb grundsätzlich voraus, dass im Zeitpunkt des Eigentumswechsels ein wirksames Mietverhältnis besteht (BGH, Urteil vom 04.04.2007 - VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818) und sich der Mieter (noch) im Besitz der Wohnung befindet.

Tritt der neue Eigentümer nicht in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein, obliegt die Abrechnung der Nebenkosten aus der im Zeitpunkt des Auszugs des Mieters laufenden Abrechnungsperiode dem bisherigen Vermieter, der auch zur Erhebung etwaiger Nachzahlungen berechtigt ist (BGH, Urteil vom 04.04.2007 - VIII ZR 219/06, NJW 2007, 1818); es kommt nicht darauf an, wann der Zahlungsanspruch fällig geworden ist (BGH, Urteil vom 03.12.2003 - VIII ZR 168/03, NJW 2004, 851).

Redaktion beck-aktuell, 16. Februar 2017.