BGH: Verjährungsbeginn des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei rückwirkender, postmortaler Vaterschaftsfeststellung

GG Art. 6, 14; BGB §§ 195, 199, 205, 206, 242, 1600d, 1924, 2303, 2325, 2329, 2332

Auch im Falle einer postmortalen Vaterschaftsfeststellung verjährt der einem pflichtteilsberechtigten Abkömmling gemäß § 2329 BGB gegen den Beschenkten zustehende Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2332 Absatz 2 BGB a.F. in drei Jahren von dem Eintritt des Erbfalles an. (amtl. Leitsatz)

BGH, Urteil vom 13.11.2019 - IV ZR 317/17, BeckRS 2019, 30597

Anmerkung von 
JR Dr. Wolfgang Litzenburger, Notar in Mainz
 
Aus beck-fachdienst Erbrecht 12/2019 vom 16.12.2019

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Sachverhalt

Der im Jahre 1964 geborene Kläger nimmt die Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft, Wertermittlung und Duldung der Zwangsvollstreckung wegen ergänzungspflichtiger Schenkungen nach dem 2007 verstorbenen und von den Parteien gesetzlich beerbten Erblasser in Anspruch.

Die Mutter des Klägers war zum Zeitpunkt seiner Geburt in erster Ehe verheiratet. Nach Scheidung dieser Ehe heiratete sie den Erblasser, aus dessen erster Ehe die beiden Beklagten hervorgegangen waren. Auch diese zweite Ehe wurde durch Scheidung aufgelöst.

In den Jahren 1995 und 2002 übertrug der Erblasser den Beklagten mehrere Grundstücke schenkungsweise unter Nießbrauchvorbehalt.

Auf den Vaterschaftsanfechtungsantrag des Klägers vom 29.03.2012 und seinen weiteren Feststellungsantrag wurde mit Beschluss vom 18.02.2015 festgestellt, dass Vater des Klägers nicht der bereits im Jahre 2001 verstorbene erste Ehemann seiner Mutter, sondern der Erblasser war.

Nach Rechtskraft dieses Beschlusses forderte der Kläger die Beklagten u.a. zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses auf. Die Beklagten überließen ihm ein Verzeichnis, das einen negativen Nettonachlasswert zum Zeitpunkt des Erbfalles auswies. Sie erheben im Übrigen die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hat die im November 2015 erhobene Stufenklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidung: Die Pflichtteilsergänzungsansprüche des Klägers aus § 2329 BGB sind bereits bei Eingang der Klageschrift verjährt gewesen, so dass die mit der Stufenklage vorbereitend geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Wertermittlung aus § 242 BGB nicht begründet sind.

Der Kläger gehört nach rechtskräftiger und rückwirkender Feststellung der Vaterschaft des Erblassers zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge. Etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche aus § 2329 BGB sind allerdings gemäß § 2332 Abs. 2 BGB in der bis zum 31.12.2009 geltenden Fassung verjährt. Diese kurze kenntnisunabhängige Verjährungsfrist ist ohne Rücksicht auf die Miterbenstellung der beschenkten Beklagten einschlägig und war hier am 05.07.2010 - drei Jahre nach dem Tod des Erblassers - und somit lange vor Klageerhebung im November 2015 abgelaufen.

Dem Eintritt der Verjährung steht nicht entgegen, dass der Kläger erst seit Rechtskraft des Beschlusses vom 18.02.2015, mit dem die Vaterschaft des Erblassers festgestellt wurde, die damit verbundenen Rechtswirkungen und auch mögliche Ansprüche i.S.v. § 2329 BGB geltend machen konnte.

1. Keine Verzögerung des Verjährungsbeginns durch die Rechtsausübungssperre

Allerdings bestimmt § 1600d Abs. 4 BGB in der bis zum 30.06.2018 geltenden Fassung, dass die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer - dann allerdings rückwirkenden - Feststellung an geltend gemacht werden können. Ob diese sog. Rechtsausübungssperre den in § 2332 Absatz 2 BGB a.F. bestimmten Beginn der Verjährung bis zur Rechtskraft der postmortalen Vaterschaftsfeststellung hindert, ist umstritten.

Nach einer in der Literatur vertretenen Meinung soll die Verjährung von Ansprüchen aus § 2329 BGB erst mit Rechtskraft der Vaterschaftsfeststellung beginnen (Gipp, ZErb 2001, 169, 171 f.; Lauck/Lauck, NZFam 2018, 144; Wellenhofer, FamRZ 2017, 903, 904). Zum Teil wird dies aus § 202 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung abgeleitet (so etwa RGRK-BGB/Böckermann, 12. Aufl. § 1600a Rn. 35). Andere begründen dies damit, dass der Unterhaltsanspruch bis zur rechtskräftigen Vaterschaftsfeststellung noch nicht gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden ist (MüKoBGB/Wellenhofer, 7. Aufl. § 1600d Rn. 100).

Der Senat schließt sich jedoch der überwiegenden Gegenansicht an, nach der diese Rechtsausübungssperre dem Beginn der Verjährung nicht entgegensteht (MüKoBGB/Lange, 7. Aufl. § 2332 Rn. 6; Horn, NJW 2016, 1559, 1560), und zwar mit folgender Begründung:

Dem Verjährungsrecht liegt der Gedanke zugrunde, dass gewisse tatsächliche Zustände, die längere Zeit hindurch unangefochten bestanden haben, im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit nicht mehr in Frage gestellt werden sollen. Da der Rechtsverkehr klare Verhältnisse erfordert und die Vorschriften über die Verjährung dementsprechend eine formale Regelung enthalten, ist es grundsätzlich geboten, sich bei der Anwendung solcher Vorschriften eng an deren Wortlaut zu halten. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2332 Abs. 2 BGB a.F. kommt es für den Beginn der Verjährungsfrist des dem Abkömmling zustehenden Anspruchs aber allein auf den Zeitpunkt des Erbfalles an.

 Die Entstehungsgeschichte lässt ebenfalls nicht darauf schließen, dass der Beginn der Verjährungsfrist ausnahmsweise nicht von dem Erbfall, sondern von anderen Umständen - wie etwa der postmortalen Feststellung der Vaterschaft des Erblassers - abhängen soll. Die Gesetzgebungsmaterialien belegen nicht, dass der historische Gesetzgeber die Entstehung und Durchsetzbarkeit des Anspruchs aus § 2329 BGB als Voraussetzung für den Lauf der Verjährungsfrist ansah. Vielmehr hat er bewusst ausschließlich den Erbfall als maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn der Verjährung gewählt. An der Sonderverjährung des Anspruchs aus § 2329 BGB hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts vom 24.09.2009 (BGBl. I 2009, 3142) festgehalten und die Regelung ohne inhaltliche Änderung in § 2332 Abs. 1 BGB übernommen. Einen Anlass zur Einführung einer Ausnahme von dieser Sonderverjährungsregelung hat der Gesetzgeber der Erbrechtsreform auch nicht im Hinblick auf die schon damals gemäß § 1600d Abs. 4 BGB a.F. geltende Rechtsausübungssperre gesehen.

Dem in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck des § 2332 Abs. 2 BGB a.F., dem Beschenkten bald Klarheit zu verschaffen, ob er das Geschenk behalten kann oder an den Pflichtteilsberechtigten herausgeben muss, entspricht es, nur auf das Datum des Erbfalles und nicht den Zeitpunkt der Rechtskraft der postmortalen Vaterschaftsfeststellung abzustellen. Ein Hinausschieben des Verjährungsbeginns auf möglicherweise unabsehbare Zeit liefe auf eine Umkehr der gesetzlichen Wertung hinaus. Der beschenkte Dritte oder Miterbe hat ein berechtigtes Interesse daran, dass er ohne Rücksicht auf den Kenntnisstand des Pflichtteilsberechtigten nach kurzer Frist sicher sein kann, das Geschenk nicht wieder herausgeben zu müssen (vgl. BGH NJW 1986, 1610). Dieses Interesse ist deshalb besonders schutzwürdig, weil der Beschenkte, auch wenn er Miterbe ist, nach § 2329 BGB mit seinem Privatvermögen und nicht aus dem Nachlass haftet.

Die wortlautgetreue Anwendung widerspricht nicht allgemeinen Grundsätzen des Verjährungsrechts. Die vorherige Entstehung des Anspruchs ist nicht unabdingbare Voraussetzung für den Lauf einer jeden Verjährungsfrist (vgl. BGH NJW 2014, 920 Rn. 17 m.w.N.). So enthalten etwa § 199 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BGB Verjährungshöchstfristen für die dort bezeichneten Ansprüche „ohne Rücksicht auf ihre Entstehung“.

2. Keine Hemmung der Verjährung

Auch eine Hemmung der Verjährung bis zur rechtskräftigen Feststellung der Vaterschaft des Erblassers lehnt der Senat ab.

§ 205 BGB kann nur dann entsprechend angewendet werden, wenn ein Hindernis nicht nur in seinen Wirkungen, sondern auch in Entstehung und Entstehungsvoraussetzungen zumindest einem Stillhalteabkommen (pactum de non petendo) gleichsteht. Entscheidend ist, ob der Parteiwille die Grundlage des Leistungsverweigerungsrechts bildet. Eine entsprechende Anwendung auf Fallgestaltungen, in denen diese Wertungsgrundlage nicht gegeben ist, scheidet aus. Dies gilt auch für die hier in Rede stehende Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB a.F., weil sie nicht auf dem Parteiwillen beruht.

§ 206 BGB sieht eine Hemmung der Verjährung vor, solange der Gläubiger innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. Es handelt sich um eine im Interesse des Schuldners eng auszulegende zusätzliche Schutzvorschrift. § 206 BGB erlaubt jedoch keine Korrektur von Wertentscheidungen des Gesetzgebers (vgl. MüKoBGB/Grothe, 8. Aufl. § 206 Rn. 6), der - wie dargelegt - für die hier in Rede stehende Konstellation ausdrücklich geregelt hat, dass Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen den Beschenkten in drei Jahren nach dem Erbfall verjähren.

3. Keine verfassungskonforme Auslegung

Wenn die Vaterschaftsfeststellung - wie hier - erst nach Ablauf der in § 2332 Abs. 2 BGB a.F. bezeichneten Frist beantragt werden konnte, ist es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten, vom Wortlaut der Vorschrift abzuweichen.

Zwar sind die Schutzbereiche des Art. 14 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG durch diese Verjährungsregelung betroffen, weil sie die Durchsetzbarkeit des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ohne Rücksicht auf seine - gegebenenfalls rückwirkende - Entstehung einschränkt. Dies ist aber aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Verjährungsregeln müssen mit Rücksicht auf von Verfassungs wegen geschützte Forderungsrechte stets einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen des Schuldners und des Gläubigers darstellen.

Dazu gehört, dass der Gläubiger eine faire Chance haben muss, seinen Anspruch geltend zu machen. Ein Verjährungsbeginn unabhängig von der Möglichkeit, von den Umständen der Anspruchsentstehung Kenntnis zu nehmen, kann daher nur dann als gerechtfertigt angesehen werden, wenn die Verjährungsfrist so bemessen ist, dass typischerweise mit der Erkennbarkeit innerhalb der Frist zu rechnen ist. Das ist bei § 2332 Absatz 2 BGB a.F. der Fall. In aller Regel weiß ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling, dem ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen einen beschenkten Dritten oder Miterben zusteht, vor Ablauf von drei Jahren nach dem Tod des Erblassers, dass er von diesem abstammt. Nur in vereinzelten Sonderfällen wird einem pflichtteilsberechtigten Miterben erst aufgrund einer postmortalen Vaterschaftsfeststellung mehr als drei Jahre nach dem Erbfall seine Abstammung vom Erblasser bekannt.

§ 2332 Absatz 2 BGB a.F. ist auch mit Art. 6 Abs. 5 GG vereinbar. Durch diese Verjährungsregelung werden nichteheliche Kinder im Verhältnis zu ehelichen Kindern nicht unmittelbar schlechter gestellt. Auch letztere müssen ihnen nach § 2329 BGB gegen Beschenkte zustehende Ansprüche innerhalb von drei Jahren nach dem Erbfall geltend machen. Soweit ein nichteheliches Kind - wie der Kläger - erst nach Ablauf der Verjährungsfrist des § 2332 Absatz 2 BGB a.F. von den für die Vaterschaft des Erblassers sprechenden Umständen Kenntnis erlangt und sodann die Vaterschaftsfeststellung beantragt hat, ist es allerdings im Verhältnis zu ehelichen Kindern und auch zu nichtehelichen Kindern, deren Abstammung vom Erblasser bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem Erbfall rechtskräftig festgestellt wurde, mittelbar benachteiligt.

Eine solche - nur in sehr seltenen Ausnahmefällen gegebene - Ungleichbehandlung ist aber durch sachliche Gründe gerechtfertigt, die nicht an die Ehelichkeit bzw. Nichtehelichkeit anknüpfen. Der Regelung liegt das Interesse des vom Erblasser noch zu dessen Lebzeiten Beschenkten an Rechtssicherheit zugrunde, das unabhängig davon besteht, wann die Abstammung des pflichtteilsberechtigten Abkömmlings vom Erblasser festgestellt wird. Der Beschenkte muss, sofern er sich nicht treuwidrig verhält, nach einem überschaubaren Zeitraum Klarheit darüber haben, ob er das Geschenk an einen Pflichtteilsberechtigten herauszugeben hat oder nicht, zumal seine Haftung nicht auf den Nachlass begrenzt ist. Müsste er auf unabsehbare Zeit damit rechnen, von einem Jahre nach dem Erbfall als Kind des Erblassers festgestellten Pflichtteilsberechtigten in Anspruch genommen zu werden, liefe das dem der Verjährung zugrundeliegenden Prinzip der Rechtssicherheit sowie dem Interesse an der Herstellung von Rechtsfrieden zuwider. Diesen Belangen gebührt bei der erforderlichen Abwägung gegenüber dem Interesse des nichtehelichen Kindes an einem Aufschub des Verjährungsbeginns bis zur Rechtskraft der Vaterschaftsfeststellung der Vorzug.

Im Regelfall ist das pflichtteilsberechtigte nichteheliche Kind dadurch hinreichend geschützt, dass es gegen den beschenkten Erben Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB geltend machen kann, die der regelmäßigen, kenntnisabhängigen Verjährung (§§ 195, 199 BGB) unterliegen. Nur wenn diese Ansprüche nicht weiterführen, weil der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kommen Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2329 BGB in Betracht. In etwaigen Extremfällen, beispielsweise bei einer treuwidrigen Erhebung der Verjährungseinrede, könnte gegebenenfalls Einzelfallgerechtigkeit über § 242 BGB geschaffen werden.

4. Keine unzulässige Rechtsausübung

Der Erhebung der Verjährungseinrede kann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengesetzt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die die Einrede als groben Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Dabei kann es genügen, wenn der Schuldner den Gläubiger nur unabsichtlich von der Wahrung der Verjährungsfrist abgehalten hat.

Dass die Beklagten den Kläger durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten haben, hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Aus der Aussage des Beklagten zu 1 im Vaterschaftsfeststellungsverfahren, er sei mit dem Verdacht aufgewachsen, dass der Erblasser auch der Vater des Klägers gewesen sein könnte, reicht nicht zur Annahme aus, dass die Beklagten in verlässlicher Weise von der leiblichen Abstammung des Klägers erfahren und ihn von der rechtzeitigen Feststellung der Vaterschaft sowie der Geltendmachung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen abgehalten hätten.

Praxishinweis

Die hier umstrittene Rechtsausübungssperre findet sich seit dem 1.7.2018 in § 1600d Abs. 5 BGB wieder, inhaltlich allerdings völlig unverändert. Vor Rechtskraft der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung wird durch diese Bestimmung die Berufung auf die Wirkungen einer noch nicht festgestellten Vaterschaft grundsätzlich ausgeschlossen und auf gesetzlich geregelte Ausnahmen beschränkt (Rechtsausübungssperre). Die Rechtswirkungen der festgestellten Vaterschaft wirken zwar auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes zurück, doch ist ihre Geltendmachung bis zum Zeitpunkt der Vaterschaftsfeststellung hinausgeschoben. Diese Rückwirkung ist Kern des Problems, mit dem sich der Senat in seiner Entscheidung beschäftigt hat. Während die Verjährung der gegen die Erben gerichteten Pflichtteilsansprüche nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften wegen dieser Rechtsausübungssperre erst mit der rechtskräftigen Vaterschaftsfeststellung beginnt, bereitet der für den gegen den Beschenkten gerichtete Pflichtteilsergänzungsanspruch mit seiner Sonderverjährungsvorschrift in § 2332 BGB Probleme, weil ihr Wortlaut ausschließlich den Erbfall als Beginn der Frist bestimmt. Wird – wie im Ausgangsfall – die Vaterschaft aber postmortal erst viele Jahre nach dem Erbfall rechtskräftig festgestellt, so kann es passieren, dass der Anspruch nicht durchsetzbar ist, wenn sich der Beschenkte auf die Verjährung beruft. In diesem Fall muss das Konkurrenzverhältnis der in § 1600d BGB enthaltenen Rechtsausübungssperre zu der in § 2332 BGB enthaltenen kenntnisunabhängigen Verjährungsfristregelung geklärt werden. Genau dies hat der Senat mit dieser Entscheidung getan.

Auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung der Interessen des Pflichtteilsberechtigten einerseits und der des Beschenkten andererseits, kommt der Senat zu dem zutreffenden Ergebnis, dass dieser, sofern er sich nicht treuwidrig verhalten hat, nach einem überschaubaren Zeitraum Klarheit darüber haben muss, ob er das vom Erblasser zu dessen Lebzeiten erhaltenen Geschenk an einen Pflichtteilsberechtigten herauszugeben hat oder nicht, und zwar vor allem deshalb, weil seine Haftung nicht auf den Nachlass begrenzt ist. Ohne diese kenntnisunabhängige Sonderverjährungsvorschrift müsste der Beschenkte auf unabsehbare Zeit damit rechnen, von einem vielleicht erst etliche Jahre nach dem Erbfall als Kind des Erblassers festgestellten Pflichtteilsberechtigten in Anspruch genommen zu werden. Diesen Belangen räumt der Senat mit Recht den Vorrang gegenüber dem Interesse des nichtehelichen Kindes an einem Aufschub des Verjährungsbeginns bis zur Rechtskraft der Vaterschaftsfeststellung ein. In aller Regel weiß nämlich ein Kind vor Ablauf von drei Jahren nach dem Tod des Erblassers, dass er von diesem abstammen könnte. Er hat es dann selbst in der Hand, das Vaterschaftsfeststellungsverfahren zügig zu betreiben und zum Abschluss zu bringen. Hinzu kommt, dass das pflichtteilsberechtigte nichteheliche Kind gegen den beschenkten Erben Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 BGB geltend machen kann, die der regelmäßigen, kenntnisabhängigen Verjährung (§§ 195, 199 BGB) unterliegen. Nur wenn diese Ansprüche nicht weiterführen, weil der Erbe zur Ergänzung des Pflichtteils nicht verpflichtet ist, kommen Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2329 BGB in Betracht. Im Falle einer treuwidrigen Erhebung der Verjährungseinrede kann nach dieser höchstrichterlichen Entscheidungen Einzelfallgerechtigkeit über § 242 BGB geschaffen werden.

Mit dieser Entscheidung dürfte die vom Senat ausführlich dargestellte Streitfrage abschließend beantwortet sein. Deshalb müssen ab sofort alle nichtehelichen Kinder, die glauben vom Erblasser abzustammen, das postmortale Vaterschaftsfeststellungsverfahren unverzüglich nach dem Erbfall einleiten und zügig betreiben, um rechtzeitig vor Ablauf der 3jährigen Verjährungsfrist Klage gegen den Beschenkten gemäß § 2329 BGB einreichen zu können. Andernfalls verbleiben diesen Kindern nur die Pflichtteilsansprüche gemäß § 2325 BGB mit ihrer kenntnisabhängigen Verjährungsregelung.

Redaktion beck-aktuell, 18. Dezember 2019.