BAG: Entstehung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses durch eine Änderungsvereinbarung

TzBfG § 14 I 2 Nr. 3; BEEG § 21 I

1. Die Wirksamkeit einer Befristung beurteilt sich nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegebenen Umständen. Danach eintretende Änderungen haben grds. keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der vereinbarten Befristung.

2. Wird in einem Änderungsvertrag unter Beibehaltung der vertraglich vereinbarten Befristungsdauer eine Änderung der Tätigkeit und ggf. der Vergütung vereinbart, unterliegt der Änderungsvertrag als letzter Arbeitsvertrag der Befristungskontrolle. In diesem Fall kommt es darauf an, ob bei Abschluss des Änderungsvertrags ein Sachgrund für die Befristung bestand.

BAG, Urteil vom 17.05.2017 - 7 AZR 301/15 (LAG Köln), BeckRS 2017, 126354

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer, Gleiss Lutz, Stuttgart

Aus beck-fachdienst Arbeitsrecht 41/2017 vom 19.10.2017

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Sachverhalt

Der Kläger wurde von der Bekl. mit Arbeitsvertrag vom 12.07.2011 vom 01.08.2011 bis 31.01.2014 befristet als Junior-Referent Recruitment/Resourcing in B. zur Vertretung der Stammkraft Ü. (Elternzeit) eingestellt. § 1 II des Arbeitsvertrags enthält folgende Versetzungsklausel:

Die Gesellschaft ist – nach Abwägung der beiderseitigen Interessen – berechtigt, Ihnen auch eine andere, Ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende, mindestens gleichwertige Tätigkeit zu übertragen und Sie im Unternehmen der Gesellschaft an einem anderen Ort innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu beschäftigen.“

Mit Schreiben vom 12.02.2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er aufgrund einer Umstrukturierung des Unternehmens und in Umsetzung eines Interessenausgleichs und Sozialplans innerhalb der Organisationseinheit HR Business Services auf eine andere Stelle versetzt werde. In einem weiteren Schreiben vom 20.03.2013 heißt es u.a.:

Sie erhalten ab dem 01.03.2013 für die Dauer von insgesamt 32 Monaten eine Einkommenssicherung in Höhe der Differenz zwischen dem zu sichernden Monatsentgelt und dem Monatsentgelt der neuen Tätigkeit.“

Mit der am 13.02.2014 beim ArbG eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis habe nicht aufgrund Befristung zum 31.01.2014 geendet. Zum 01.03.2013 sei ein zwischen den Parteien vereinbarter Änderungsvertrag in Kraft getreten, der keine Befristung mehr enthalte. Zudem sei die Befristung nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. ArbG und LAG haben die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Die zugelassene Revision des Klägers ist unbegründet. Nach Auffassung des 7. Senats haben die Parteien mit Wirkung zum 01.03.2013 kein unbefristetes Arbeitsverhältnis im Wege eines Änderungsvertrags vereinbart. Eine Versetzung sei eine einseitige Maßnahme des Arbeitgebers aufgrund des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts und damit nicht als Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrags zu verstehen. Mit dem Schreiben vom 12.02.2013 musste der Kläger zwar davon ausgehen, dass die Zuweisung dieser Tätigkeit eine entsprechende Herabgruppierung nach sich ziehen würde. Aus dieser Mitteilung, mit der die Bekl. ersichtlich nur ihre kollektivrechtlichen Verpflichtungen aufgrund des in Bezug genommenen Interessenausgleichs/Sozialplans erfüllen wollte, hätte der Kläger nicht den Schluss ziehen können, die Übertragung der Stelle solle nicht mehr als Versetzung, sondern als Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrages aufzufassen sein. Die Befristung sei durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 I 2 Nr. 3 TzBfG, § 21 I BEEG gerechtfertigt. Der Wirksamkeit der Befristung stehe nicht entgegen, dass dem Kläger zum 01.03.2013 eine andere, niedriger vergütete Tätigkeit übertragen worden sei. Im Übrigen beurteile sich die Wirksamkeit einer Befristung nach den im Zeitpunkt des Vertragsschluss gegebenen Umständen.

Praxishinweis

An der Entscheidung, die nichts Neues enthält, gibt es nichts auszusetzen. Richtig ist schon der Hinweis, dass die sachliche Rechtfertigung und damit die Wirksamkeit der Befristung grds. selbst dann bestehen bleibt, wenn während der Laufzeit des befristet eingegangenen Arbeitsvertrags die ursprünglich gegebenen sachlichen Befristungsgründe unvorhergesehen nachträglich wegfallen (vgl. auch BAG, NZA 2006, 784). Die Versetzungsklausel in § 1 II des Arbeitsvertrages rechtfertigte nur die Übertragung einer „mindestens gleichwertigen Tätigkeit“. Der Kläger hätte sich daher gegen die Versetzung auf eine schlechter dotierte Position wehren und vertragsgemäße Arbeit verlangen können. Deshalb kann eine unwirksame Versetzung grds. nicht als Angebot auf Vertragsänderung verstanden werden. Auch dem bloßen Hinweis auf die Verdienstsicherung von „insgesamt“ 32 Monaten war nicht zu entnehmen, dass das Arbeitsverhältnis unbefristet weiter bestehen sollte. Das Wort „insgesamt“ bezieht sich nur auf die maximale Sicherungsfrist.

Redaktion beck-aktuell, 24. Oktober 2017.