BAG: Wirksamkeit eines «im Auftrag» unterschriebenen befristeten Vertrags

TzBfG § 14 II 1, 2, IV; BGB §§ 133, 157, 164 I, 328; TVG § 4 I 1; BetrVG § 77 IV 1

1. Ist eine Erklärung mit dem Zusatz „Im Auftrag“ unterschrieben, kann das im Einzelfall dafür sprechen, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt der von ihm unterzeichneten Erklärung übernehmen will. Der Zusatz „In Vertretung“ deutet demgegenüber darauf hin, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt.

2. Bestimmungen, die von Arbeitgeber, Gewerkschaft und Betriebsrat gemeinsam unterzeichnet sind, sind unwirksam, wenn sich aus ihnen nicht zweifelsfrei ergibt, wer Urheber der einzelnen Regelungen sein soll und um welche Rechtsquelle es sich jeweils handelt.

BAG, Urteil vom 12.04.2017 - 7 AZR 446/15 (LAG Hessen), BeckRS 2017, 117487

Anmerkung von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer, Gleiss Lutz, Stuttgart

Aus beck-fachdienst Arbeitsrecht 31/2017 vom 10.08.2017

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Sachverhalt

Auf der Grundlage des Berufsausbildungsvertrags vom 04.07.2010 absolvierte der Kläger ab 10.08.2010 eine Berufsausbildung zur Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (FKEP) bei der F. GmbH. Ab dem 01.01.2012 übernahm die Bekl. die Durchführung des Ausbildungsverhältnisses. Die Bekl., die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der bei der Bekl. gebildete Gesamtbetriebsrat (GBR) trafen am 05.10.2011 eine Vereinbarung, in der auszugsweise Folgendes geregelt ist:

„2. Die Ausbildung FKEP im Unternehmensbereich BRIEF wird ab dem 01.01.2012 wieder grds. bei der D. AG durchgeführt.

3. Einem geeigneten FKEP des Einstellungsjahrgangs 2010 der D. AG und F. GmbH wird nach erfolgreich bestandener Prüfung eine Übernahme bei der D. AG ermöglicht, sofern sie im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis sind. Die Übernahme erfolgt unbefristet und in Vollzeit. Zusätzlich werden die Top-Azubis (mindestens 5% des Einstellungsjahrgangs) der D. AG in der jeweiligen Ausbildungsniederlassung übernommen.“

Der Kläger, seit September 2010 Mitglied von ver.di, besitzt eine Fahrerlaubnis. Er schloss die Berufsausbildung am 14.06.2012 erfolgreich ab. An diesem Tag wurde ein bis 14.12.2012 befristeter Arbeitsvertrag vereinbart, der dreimal verlängert wurde, zuletzt am 27.12.2013 bis zum 08.02.2014. Die letzte Verlängerung wurde seitens der Bekl. von den Mitarbeitern M. und H. jeweils mit dem Zusatz „i.A.“ „für den Arbeitgeber“ unterschrieben. Mit seiner Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die zuletzt vereinbarte Befristung sei wegen fehlender Schriftform nach § 14 IV TzBfG unwirksam. Das ArbG hat die Befristungskontrollklage abgewiesen. In 2. Instanz hat der Kläger seine Klage um den Hilfsantrag erweitert, weil er jedenfalls Anspruch auf das Angebot eines unbefristeten Arbeitsvertrags habe. Das LAG hat die Berufung insgesamt zurückgewiesen.

Entscheidung

Die zugelassene Revision des Klägers ist unbegründet. Bei der nach §§ 133, 157 BGB gebotenen Auslegung der Erklärung „i.A.“ sei zu berücksichtigen, dass im unjuristischen Sprachgebrauch nicht hinreichend zwischen „Auftrag“ und „Vertretung“ unterschieden werde. Die Zusätze würden häufig verwendet, um unterschiedliche Hierarchieebenen auszudrücken. Aus dem Zusatz „i.A.“ folge nicht allein, dass der Erklärende nur als Bote gehandelt habe. Maßgeblich seien die Gesamtumstände. Ergäbe sich, dass der Unterzeichner die Erklärung ersichtlich im Namen eines Anderen abgegeben habe, sei von einem Handeln als Vertreter auszugehen. Für die Wahrung der Schriftform komme es nicht darauf an, ob der Unterzeichner tatsächlich bevollmächtigt war. Das LAG habe zutreffend die Einhaltung der Schriftform bejaht.

Auch der Hilfsantrag könne keinen Erfolg haben. Bei der Bestimmung in Nr. 3 der Vereinbarung vom 05.10.2011 handele es sich weder um einen Tarifvertrag noch um eine Gesamtbetriebsvereinbarung. Ansprüche nach § 4 I 1 TVG oder § 77 IV 1 BetrVG würden nicht begründet. Ein etwaiger Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB) lasse abweichende Vereinbarungen zu. Die Parteien hätten statt eines unbefristeten Arbeitsvertrags einen befristeten Arbeitsvertrag geschlossen.

Praxishinweis

Die Entscheidung überzeugt. Die Ausführungen zur Unterzeichnung mit „i.A.“ liegen auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung.

Außerdem spricht Einiges dafür, dass die zwischen der Bekl., ver.di und dem GBR abgeschlossene Vereinbarung ein Vertrag zu Gunsten Dritter ist, der jedoch, weil er nicht zwingend ist, abweichende Absprachen zulässt.

Und schließlich bestätigt der 7. Senat auch noch einmal, dass ein früheres Berufsausbildungsverhältnis dem Vorbeschäftigungsverbot des § 14 II 2 TzBfG nicht unterfällt.

Redaktion beck-aktuell, 16. August 2017.