BAG: Verkürzung eines befristeten Arbeitsvertrages

TzBfG § 14 I, II

1. Eine Befristung, mit der die Laufzeit eines nach § 14 II TzBfG sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags verkürzt wird, bedarf eines sachlichen Grundes gem. § 14 I TzBfG.

2. Eine sachgrundlose Befristung ist im Rahmen des § 14 II TzBfG nur dann möglich, wenn es sich um eine Neueinstellung oder um eine Verlängerung eines anlässlich einer Neueinstellung abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrags handelt.

BAG, Urteil vom 14.12.2016 - 7 AZR 49/15 (LAG Hessen), BeckRS 2016, 118639

Anmerkung von 
Rechtsanwalt Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer, Gleiss Lutz, Stuttgart

Aus beck-fachdienst Arbeitsrecht 19/2017 vom 18.05.2017

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Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 31.07.2013 geendet hat. Die Bekl. ist eine Organisation, die im Wesentlichen Projekte der internationalen Zusammenarbeit für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung durchführt. Der Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er schloss mit der Bekl. am 18.06.2012 einen für die Zeit vom 15.07.2012 bis zum 31.07.2014 befristeten Arbeitsvertrag. Danach übernahm er die Tätigkeit als „Head of Department“ im Rahmen des Vorhabens Y CAT in Saudi-Arabien am Einsatzort Y. In § 4 des Arbeitsvertrags vereinbarten die Parteien eine am 14.01.2013 endende Probezeit von sechs Monaten, während derer das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende ordentlich gekündigt werden kann. Am 13.12.2012 trafen die Parteien unter der Überschrift „Arbeitsvertrag auf Zeit – Änderung der Vertragslaufzeit“ eine Vereinbarung, in der es ergänzend zu § 1 des Arbeitsvertrags vom 18.06.2012 heißt:

„(1) Herr S. wird bis zum 31.07.2013 beschäftigt. Alle sonstigen Vertragsbedingungen bleiben unverändert.“

Mit seiner am 16.05.2013 beim ArbG eingegangenen und der Bekl. am 31.05.2013 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31.07.2013 gewandt. Das ArbG hat der Befristungskontrollklage stattgegeben. Das LAG hat das Urteil des ArbG dagegen auf die Berufung der Bekl. abgeändert und die Klage abgewiesen, die Revision jedoch zugelassen.

Entscheidung

Diese ist begründet. Nach Auffassung des 7. Senats hat das LAG die am 13.12.2012 vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2013 zu Recht der Befristungskontrolle unterzogen. Bei dieser Vereinbarung handele es sich nicht um einen Aufhebungsvertrag, sondern um eine auf die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Abrede, was sich durch Auslegung der Vereinbarung vom 13.12.2012 ergebe. Die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung nach § 14 II TzBfG lägen im Streitfall nicht vor. Zwar werde durch die Vertragslaufzeit vom 15.07.2012 bis zum 31.07.2013 die zulässige zweijährige Höchstbefristung nicht überschritten. Der Wirksamkeit der Befristung stehe jedoch § 14 II 2 TzBfG entgegen, da zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Befristungsvereinbarung am 13.12.2012 bereits ein zum 31.07.2014 befristetes Arbeitsverhältnis bestand. Mit der Vorverlegung des Beendigungsdatums hätten die Parteien eine neue Befristung vereinbart, die der Befristungskontrolle unterliege, die wegen des zwischen den Parteien bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses nach § 14 II 2 TzBfG ohne Sachgrund nicht zulässig sei. Die rechtsfehlerhafte Ansicht des LAG führe zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LAG. Die Wirksamkeit der Befristung zum 31.07.2013 hänge davon ab, ob diese durch einen Sachgrund gerechtfertigt sei. Das könne der Senat auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht beurteilen.

Praxishinweis

Zunächst erscheint es richtig, dass es sich bei der zweiten Vereinbarung vom 13.12.2012 nicht um einen Aufhebungsvertrag handelt. Die Vorinstanz hatte dazu eine entsprechende Auslegung nicht vorgenommen. Das hat den 7. Senat zu Recht nicht daran gehindert, die Vereinbarung vom 13.12.2012 selbst auszulegen, da der erforderliche Sachverhalt vollständig festgestellt und weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien hierzu nicht zu erwarten war. Ein Aufhebungsvertrag ist seinem Regelungsgehalt nach auf eine alsbaldige Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen gerichtet. Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Auch die Überschrift der Vereinbarung vom 13.12.2012 zeigt, dass die Parteien nur die ursprüngliche Befristungsabrede abgeändert haben. Dogmatisch richtig ist es auch, dass der 7. Senat entgegen der Annahme der Vorinstanz die Befristung zum 31.07.2013 nicht als eine wirksame Befristung ohne Sachgrund ansieht. Eine Befristung nach § 14 II 1 TzBfG ist gem. § 14 II 2 TzBfG nämlich nur zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Die Entscheidung zeigt aber einmal mehr, wie schwierig es für die Praxis ist, mit den Befristungsregelungen des § 14 TzBfG umzugehen.

Redaktion beck-aktuell, 23. Mai 2017.