Tainted Love – Zwangsprostitution vor dem BGH
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Spiegelt ein Zuhälter einer unter 21-jährigen Frau eine Notlage vor, um sie enger an sich zu binden, ist dies als Förderung von Zwangsprostitution strafbar. Die Tat ist aber nur dann als Verbrechen einzustufen, wenn sich die Täuschung auf die Prostitution als solche bezieht. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

"Loverboy-Masche"

Eine 18-jährige Frau war Opfer von drei Männern geworden. Die als "psychisch labil" beschriebene Heranwachsende hatte erst eine Beziehung mit dem einen Beteiligten und danach mit dem zweiten. Beide Männer wandten die so genannte Loverboy-Masche an. Hierbei wird Liebe vorgespiegelt, um die Betroffene durch die emotionale Bindung entweder erst zur Prostitution zu bringen oder – wie hier – dafür zu sorgen, dass Prostitutionsgewinne dem vorgeblichen Partner zufließen. Nach Feststellungen des Landgerichts Wuppertal hatte die junge Frau monatliche Einkünfte in Höhe von 3.000 bis 4.000 Euro erzielt, die zum Großteil den Lebensunterhalt der drei Täter finanzierten.

Der dritte Mann – dessen Revision nun den BGH beschäftigte – hatte die junge Frau in ihrer Wohnung überwacht. Die von ihrem zweiten Partner ersponnene Geschichte, er sei krank und habe Schulden, unterstützte er, indem er das Opfer wiederholt daran erinnerte, dass ihr Freund sie doch "wirklich liebe". Die Wuppertaler Richter verurteilten ihn wegen Beihilfe zur Zuhälterei, (§ 181a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB) und zur besonders schweren Zwangsprostitution, (§ 232a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 und 4 Variante 2 in Verbindung mit § 232 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB). Er sei als Gehilfe mit dafür verantwortlich, dass die gewerbliche Zwangsprostitution durch List aufrecht erhalten worden sei.

Keine Zwangsprostitution durch List

Die  Annahme des Merkmals "List", was die Tat zum Verbrechen hochgestuft hätte, hatte vor dem BGH keinen Bestand. Im Ausgangspunkt bestätigten die Karlsruher Richter allerdings die Überlegung des LG: Wer Lügen über Krankheit und persönliche Not als emotionales Druckmittel einsetzt, um das Opfer an sich zu binden, fördert Zwangsprostitution. Dies habe der dritte Mann durch seine Einflüsterungen unterstützt. Der 3. Strafsenat betont aber, dass dies nicht durch "List" geschehen sei. Der jungen Frau sei klar gewesen, dass man von ihr erwarte, "anschaffen" zu gehen. Die Täuschung habe lediglich zusätzliche Motivation geliefert. Bis zur Gesetzesänderung 2016 sei anerkannt gewesen, dass ein bloßer "Motivirrtum" nicht genügt, so der BGH. Daran habe sich auch nach neuem Recht nichts geändert. Die Bundesrichter wiesen darauf hin, dass "Loverboy-Fälle" nach den Gesetzesmaterialien nur der Qualifikation unterfallen sollen, wenn das Opfer durch Lug und Trug erst dazu gebracht werde, sich zu prostituieren. Gewerbsmäßig habe der Gehilfe ebenfalls nicht handeln können, da bei ihm selbst das Merkmal gemäß § 28 StGB nicht vorliege. Damit habe er sich lediglich der Beihilfe zum Grundtatbestand schuldig gemacht.

Ebenfalls geändert wurde die Verurteilung wegen Beihilfe zur Zuhälterei. Hier hatte das LG Wuppertal korrekt beide Varianten – ausbeuterische und dirigistische Zuhälterei – als verwirklicht gesehen. Aus Sicht des BGH sind die Varianten aber eigenständig, dadurch liege hier Tateinheit vor. Das LG muss nunmehr die Strafen neu festsetzen.

BGH, Beschluss vom 04.08.2020 - 3 StR 132/20

Redaktion beck-aktuell; Michael Dollmann, Mitglied der NJW- und beck-aktuell-Redaktion, 23. September 2020.