EuGH fordert vorläufiges Ruhen der Disziplinarkammer
Zudem sei nicht garantiert, dass die von Polen getroffenen Maßnahmen bis zum endgültigen EuGH-Urteil in Kraft blieben, da sie Gegenstand eines Urteils des polnischen Verfassungsgerichts seien, so ein weiterer Kritikpunkt der Kommission. Der EuGH hatte Anfang April 2020 entschieden, dass die Disziplinarkammer ihre Arbeit zunächst aussetzen müsse, weil sie möglicherweise nicht unabhängig sei. Die EU-Kommission, die in der Staatengemeinschaft die Einhaltung des gemeinsamen Rechts überwacht, hatte den EuGH zuvor in der Sache eingeschaltet.
Umbau der Justiz unter der PiS
Die nationalkonservative Regierungspartei PiS baut das Justizwesen Polens seit Jahren um. Die EU-Kommission klagte mehrfach gegen die Reformen; zum Teil wurden sie vom EuGH gekippt. Darüber hinaus begann die Brüsseler Behörde 2017 ein Rechtsstaatsverfahren nach Art. 7 EUV. Warschau zeigte sich bislang wenig einsichtig.
Disziplinarkammer Kernelement der PiS-Reformen
Die Disziplinarkammer ist ein Schlüsselelement der PiS-Reformen. Sie kann jeden Richter oder Staatsanwalt entlassen. Die Mitglieder der Kammer werden vom Landesjustizrat ausgewählt. Dieser soll eigentlich die Unabhängigkeit der Richter garantieren. Früher hatten in ihm Richter die Mehrheit, die von anderen Richtern gewählt wurden. Doch seit der PiS-Justizreform Ende 2017 werden die Mitglieder des Landesjustizrats vom Parlament gewählt.
Warschauer Bezirksrichter im Visier der Disziplinarkammer
Am 09.06.2020 will sich die Disziplinarkammer des Obersten Gerichthofs damit befassen, ob die Immunität des Warschauer Bezirksrichters Igor Tuleya aufgehoben wird. Tuleya ist ein Kritiker der Justizreformen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Kompetenzüberschreitung vor.