Zulässigkeit mehrerer Anschlussprüfungen bei Kleinbetrieben
FG Köln, Urteil vom 24.5.2017, 3 K 101/15 (Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. BFH: III B 97/17)
Auch bei einem Kleinbetrieb kann eine zweite Anschlussprüfung angeordnet werden. § 193 Abs. 1 AO und § 194 Abs. 1 Satz 2 AO enthalten keine Regelungen zur Beschränkung der Anzahl von steuerlichen Außen- bzw. Anschlussprüfungen.
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Problemstellung § 4 Abs. 2 BpO 2000 bestimmt für Groß- und Konzernbetriebe den Grundsatz ständiger Anschlussprüfungen. Für Mittel-, Klein- und Kleinstbetriebe regelt § 4 Abs. 3 BpO, dass der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende Besteuerungszeiträume umfassen soll. § 4 Abs. 3 Satz 3 BpO bestimmt jedoch ausdrücklich, dass Anschlussprüfungen zulässig sind. Vor diesem Hintergrund wurde kürzlich der Fall eines selbstständig tätigen EDV-Organisators behandelt, der seit dem Jahr 2000 auf dem Gebiet der IT als Kleinbetrieb eingestuft ist. Im Streitzeitraum 2009 bis 2011 erklärte er Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit als EDV-Testmanager. Nachdem das Finanzamt bei ihm für die Zeiträume 2003 bis 2005 und 2006 bis 2008 Betriebsprüfungen durchgeführt hatte, wurde er nach Abschluss der letzten Prüfung wieder auf den Prüfungsgeschäftsplan 2014 gesetzt, um zu prüfen, ob der Kläger gegen Forderungen die Einrede der Verjährung erheben konnte, für welche er in früheren Zeiträumen Rückstellungen gebildet hatte. Im Jahr 2009/2010 errichtete der Kläger darüber hinaus ein Einfamilienhaus, in welchem er auch seine betriebliche Tätigkeit ausüben wollte. 2014 stellte die zuständige Prüferin im Rahmen der Prüfungsvorbereitung fest, dass der Kläger in den Jahren 2009 und 2010 eine Qualifikation als Softwaretester erworben hatte. Nach dem Ergebnis der Prüfungsvorbereitung sollten Schwerpunkte der Betriebsprüfung die Rückstellungen, der Hausbau sowie die Qualifikation der Einkünfte des Klägers als freiberuflich oder gewerblich sein. Hiergegen, also den dritten Prüfungszeitraum 2009 bis 2011, richtete sich die Klage des EDV-Organisators. Er hielt die Anordnung für ermessensfehlerhaft, da er seit dem Jahr 2003 ununterbrochen geprüft werde. Gemäß § 4 Abs. 3 BpO solle ein Prüfungszeitraum nicht mehr als drei zusammenhängende Jahre betragen. Dieser Grundsatz werde durch die Anschlussprüfungen unterlaufen. Bei den vorangegangenen Prüfungen seien keine oder nur geringfügige Änderungen beim Gewinn und Umsatz vorgenommen worden.
Lösung Das Finanzgericht (FG) verweist in seiner Begründung der Klageabweisung zunächst darauf, dass gemäß § 193 Abs. 1 AO bei Freiberuflern eine steuerliche Außenprüfung zulässig ist und gemäß § 194 Abs. 1 Satz 2 AO Außenprüfungen mehrere Steuerarten und Besteuerungszeiträume umfassen können. § 4 Abs. 3 Satz 3 BpO 2000 erkläre Anschlussprüfungen auch bei Kleinbetrieben für zulässig. Insbesondere führen die Kölner FG-Richter an, dass durch die Vorschriften die Häufigkeit von Prüfungsanordnungen nicht beschränkt werde. Den Grund für die zweite Anschlussprüfung habe das Finanzamt jedenfalls in der Einspruchsentscheidung genannt, sodass ein etwaiger Begründungsfehler gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO geheilt wäre. Für die Berücksichtigung eines Individualinteresses auf Verschonung von einer Betriebsprüfung gebe es keinen Raum. Die Prüfungsanordnung beruht nach den weiteren sehr weit ausholenden Ausführungen in der Begründung des FG auch nicht auf sachfremden Erwägungen. Das finanzamtliche Interesse, die Anpassung der Gewinnermittlungen an die Ergebnisse der vorhergehenden Betriebsprüfungen, den Hausbau sowie die Qualifikation der Einkünfte des Klägers zu prüfen, sei legitim. Es handle sich insoweit um typische Gegenstände im Rahmen einer Außenprüfung.
Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld
BC 12/2017
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