VG Osnabrück: Keine freie Wahl zwischen Krippenplatz und Platz in Großtagespflege

Ein einjähriges Kind hatte mit seinem Eilantrag gegen die Stadt Osnabrück auf Zuweisung eines Krippenplatzes keinen Erfolg. Das Kind habe seinen grundsätzlich bestehenden Anspruch schon "verspielt", so das Verwaltungsgericht Osnabrück, da die Stadt ihm bereits einen Platz in einer Großtagespflege angeboten habe. Sei kein Betreuungsplatz in einer Krippe frei, bestehe kein Wahlrecht der Eltern zwischen einem Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte ("Krippe") und einer Tagespflegeeinrichtung ("Tagesmutter/Großtagespflege") (Az.: 4 B 30/19, nicht rechtskräftig).

Eltern stellten bestimmte Ansprüche an Betreuungseinrichtung

Mit seinem Anfang Juni erhobenen Eilantrag wollte der durch seine Eltern vertretene einjährige Antragsteller erreichen, die Stadt (Antragsgegnerin) im Weg der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm einen Krippenplatz, hilfsweise eine Tagesmutter, mit Ganztageskonzept, einem altersgerechten Ernährungskonzept und Schlafmöglichkeit in einer Entfernung von höchstens vier Kilometern von seinem Wohnort, zuzuweisen.

Mangels freien Krippenplatzes kein Wahlrecht

Das Gericht lehnte den Antrag ab. Zwar habe der Antragsteller mit Vollendung des ersten Lebensjahres grundsätzlich einen Anspruch auf den Nachweis eines im jeweiligen Einzelfall dem Bedarf entsprechenden Betreuungsplatzes in zumutbarer Nähe zu seinem Wohnort. Diesen Anspruch habe die Antragsgegnerin jedoch bereits erfüllt, indem sie dem Antragsteller Ende Mai 2019 einen Platz in einer Großtagespflege nachgewiesen habe. Der Antragsteller beziehungsweise seine Eltern hätten dann kein Wahlrecht zwischen einem Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte ("Krippe") und einer Tagespflegeeinrichtung ("Tagesmutter/Großtagespflege"), wenn – wie hier - ein freier Betreuungsplatz in einer Krippe nicht zur Verfügung stehe.

Angebotener Platz erfüllt individuelle Anforderungen

Der hier nachgewiesene Großtagespflegeplatz erfülle auch die individuellen Anforderungen in Bezug auf die Betreuungsdauer und die räumliche Nähe: Die Kinder könnten von 8 bis 16 Uhr betreut werden und die Einrichtung liege in 3,9 Kilometer Entfernung zum Wohnhaus des Antragstellers, sodass man sie in 16 Minuten Fahrzeit erreichen könne. Die Einrichtung liege zudem "auf dem Weg" zu den Arbeitsstätten beider Eltern. Außerdem versorge die Großtagespflege die Kinder ausweislich ihres Konzeptes mit Mittagessen und stelle gesonderte Schlafmöglichkeiten zur Verfügung.

Nationalität der anderen Kinder irrelevant

Auf den Einwand der Vertreter des Antragstellers, ihr Kind sei dort das einzige Kind mit deutscher Staatsangehörigkeit, komme es nicht an. Das Gesetz sehe weder einen bestimmten Einrichtungscharakter noch eine bestimmte Zusammensetzung der Kinder in der Tageseinrichtung oder Kindertagespflege vor. Im Übrigen sei der Einwand auch unzutreffend, da nach Angaben der Antragsgegnerin jedenfalls fünf dort betreute Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit hätten.

Weiterer Betreuungsplatz nachgewiesen

Der Rechtsanspruch des Antragstellers sei aber noch aus einem weiteren Grund bereits erfüllt worden. Die Antragsgegnerin habe ihm bereits Mitte Mai auch einen Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter in einer Entfernung von 5,5 Kilometer zu seinem Wohnort wirksam angeboten. Dort könne der Antragsteller ebenso von 8 bis 16 Uhr betreut werden. Die Entfernung sei hier zumutbar, weil beide Elternteile auch von dort aus ihren jeweiligen Arbeitsplatz noch in zumutbarer Fahrtdauer erreichen könnten.

Telefonisches Anbieten ausreichend

Dass dieser Platz dem Antragsteller "nur" telefonisch angeboten worden sei, sei unerheblich. Auch der telefonische Nachweis eines Betreuungsplatzes sei wirksam. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin nach der sofortigen Zurückweisung dieses Angebots durch die Eltern noch weitergesucht habe, stellt nach Ansicht des VG eine "Serviceleistung" dar, zeige jedoch nicht die Ungeeignetheit des zuerst angebotenen Tagesmutterplatzes.

VG Osnabrück - 4 B 30/19

Redaktion beck-aktuell, 24. Juni 2019.