Studie: Innovationsdruck stellt Rechtsabteilungen in Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen

Innovationsdruck und neue (digitale) Geschäftsmodelle verleihen Rechtsabteilungen von Unternehmen ein enormes Gewicht und stellen sie vor erhebliche Herausforderungen. Diese haben der Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) und die Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle in ihrer Studie "Legal Management of Innovation" untersucht, wie CMS am 16.01.2018 mitgeteilt hat.

Digitalisierungsprozess rückt Innovationsmanagement in den Fokus

Der umwälzende Prozess der Digitalisierung habe das Innovationsmanagement zum Zukunftsthema gemacht. "Angesichts dieser Rahmenbedingungen erwarten mehr als 80% der Leiter der Rechtsabteilungen, dass der Bedarf an Mitarbeitern mit dem Schwerpunkt Innovationsmanagement in den nächsten fünf Jahren zunehmen wird", berichtet BUJ-Präsident Götz Kaßmann. Bislang planten allerdings nur 15% der befragten Unternehmen, den Etat der Rechtsabteilungen zugunsten des Innovationsmanagements zu erhöhen. Die überwiegende Mehrheit hoffe, die Rechtsabteilungen so optimieren zu können, dass kein personeller Mehrbedarf anfalle. Fast 60% der Unternehmen ziehe zudem in Erwägung, verstärkt externe Anwälte oder Kanzleien zu beauftragen.

Kurze Reaktionszeiten und lösungsorientiertes Engagement Schlüssel zum Erfolg

"Die Befragungen haben außerdem gezeigt, dass die Rechtsabteilungen durch stärkere Spezialisierung und Standardisierung von Prozessen mittels Legal Tech wesentlich zum Innovationserfolg beitragen können", sagt CMS-Partner und Co-Autor der Studie Dr. Jörg Zätzsch. Aktives und lösungsorientiertes Engagement und schnelle Reaktionszeiten gölten dabei als Schlüssel zum Erfolg. Ob durch die frühzeitige Entwicklung von Musterverträgen, die erfolgreiche Begleitung von Schnellboot-Projekten oder die Entwicklung bereichsübergreifender Prozesse zur Effizienzsteigerung - an Möglichkeiten, als Rechtsabteilung durch Innovationen positiv wahrgenommen zu werden, fehle es nicht.

Mehr neue Geschäftsfelder erobern

Die Unternehmen verließen sich hierzulande im Innovationsprozess immer noch mehrheitlich auf klassische Strategien, so die Studie. So setzten 93% nach wie vor auf die Weiterentwicklung bestehender und 91% auf die Einführung neuer Produkte. 78% wollten allerdings parallel auch neue Geschäftsfelder erobern und 71% nähmen sogar die Einführung ganz neuer Geschäftsmodelle in Angriff. Erfreulich sei, dass sich fast 30% auch offen für alternative Ansätze wie die Unterstützung von Startups mittels Inkubatoren- und Accelerator-Programmen sowie das Instrument Open Innovation zeigten, also beispielsweise die Erarbeitung neuer Lösungen durch das Zusammenspiel zwischen internen Entwicklern und Forschern und externen Nutzern.

Unternehmens-Know-How schützen

Spezielle gesetzliche Regelungen zum Dateneigentum in der digitalen Wirtschaft existierten bislang nicht. Umso mehr seien die Unternehmen gefordert, organisatorische und technische Schutzmaßnahmen zu ergreifen und im Umgang sowohl mit den eigenen Mitarbeitern als auch Kooperations- und Geschäftspartnern vertragliche Regelungen zu treffen, um ihr Know-how zu schützen und den Abfluss von Daten zu verhindern. Außerdem müssten die Rechtsabteilungen sicherstellen, dass die einzelnen Produkte trotz verkürzter Innovationszyklen stets mit den Compliance-Richtlinien in Einklang stehen.

Rechtsabteilungen betreten juristisches Neuland

So innovationsfreudig sich die Rechtsabteilungen auch positionierten, ein Risiko müssten sie dabei laut Studie in Kauf nehmen: Weil der Gesetzgeber bei zahlreichen neuen Geschäftsfeldern vom Streaming über Mobile Payment bis hin zu autonomem Fahren hinterherhinke, falle den Rechtsabteilungen die schwierige Aufgabe zu, das Recht von der analogen Welt auf die digitale Welt zu übertragen. Diese Aufgabe verlange den Inhouse-Juristen viel Mut ab. Denn niemand könne heute verbindlich vorhersagen, wann Manager für Innovationen persönlich hafteten, wenn etwas schief gehe.

Höhere rechtliche Komplexität durch Innovationsprozesse

In neue und zunehmend komplexe Rechtsmaterien müssten sich die Unternehmensjuristen auch schnell einarbeiten, wenn es darum gehe, die Innovationen mit staatlichen Auflagen und Regularien in Einklang zu bringen. 93% sähen sich laut der aktuellen Innovationsstudie durch Innovationsprozesse mit einer insgesamt höheren rechtlichen Komplexität konfrontiert. 89% stuften dabei insbesondere die rechtliche Bewertung von bisher unbekannten Themen und Geschäftsmodellen und die damit verbundene Beratung als besondere Herausforderung ein. 76% rechneten damit, dass sie sich zukünftig stärker mit regulatorischen Fragestellungen beschäftigen müssen. Und 68% erwarteten eine intensivere Befassung mit internationalen Rechtsthemen.

Mehr Risikobereitschaft gefordert

Diese neuen Herausforderungen bedeuteten zugleich, dass sich der Arbeitsalltag und die Arbeitsweise der Rechtsabteilungen verändern und neu ausrichten werden. 45% hielten daher die Stärkung der Risikobereitschaft bei der Beantwortung rechtlicher Fragen für wichtig. Ebenso hielten knapp 42% die Fähigkeit, juristische Hintergründe besser zu erklären, und die Entwicklung eines vertieften Verständnisses für neue und bisher unbekannte Geschäftsmodelle bei Unternehmensjuristen für ausbaufähige Erfolgsfaktoren.

Frühzeitige Einbindung in Innovationsprozesse erforderlich

Auch in zeitlicher Hinsicht steige der Druck auf die Rechtsabteilungen: Von ihnen werde erwartet, dass sie just in time liefern. "Damit das gelingt, müssen sie im Vorfeld die auf das Unternehmen zukommenden Rechtsfragen so weit wie möglich antizipieren und auf neue Managemententscheidungen gut vorbereitet sein", so CMS-Partner und Co-Autor der Studie Stefan-Ulrich Müller.

Redaktion beck-aktuell, 16. Januar 2018.