Strafrechtsexperte: Zugriff auf Flüchtlingshandys problematisch

Die Pläne der Bundesregierung, Daten der Handys von Asylbewerbern zur Klärung der Identität auslesen zu lassen, verstoßen nach Einschätzung eines Strafrechtsexperten gegen das Grundgesetz. "Ein so massiver Eingriff zur Identitätsüberprüfung ist absolut unverhältnismäßig", sagte der Kölner Rechtsanwalt Nikolaos Gazeas "Zeit Online".

Gazeas: Zumindest konkreter Verdacht erforderlich

Aus Sicht des Juristen wäre die Maßnahme höchstens zu rechtfertigen, wenn es einen konkreten Verdacht auf falsche Angaben des Flüchtlings und damit einhergehende Straftaten gebe. Dieser Vorbehalt fehle im Gesetzentwurf allerdings. Aber auch dann müsse ein Richter den Zugriff auf das Handy erlauben.

Handy-Daten von Asylbewerbern sollen ausgelesen werden dürfen

Nach Plänen der Bundesregierung soll das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge künftig in bestimmten Fällen die Daten der Handys von Asylbewerbern durchsuchen dürfen. Mit einem Gesetzentwurf zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht sei auch diese Regelung auf den Weg gebracht worden, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am 20.02.2017 in Berlin. Die Pläne hatte eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 09.02.2017 beschlossen - zusammen mit weiteren Punkten.

Gazeas sieht mehrere Grundrechte verletzt

Nach Einschätzung des Juristen Gazeas würden beim erzwungenen Auslesen von Handys zwei Grundrechte verletzt: Zum einen das Fernmeldegeheimnis, das in Art. 10 GG jedem Menschen in Deutschland den Schutz seiner privaten Kommunikation garantiert und zum anderen das Recht auf informelle Selbstbestimmung, das das Bundesverfassungsgericht 1984 angesichts der geplanten Volkszählung aufgestellt und seitdem immer wieder gestärkt habe.

Redaktion beck-aktuell, 21. Februar 2017 (dpa).