Gefangene wollten Prozess politisieren
Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe hatten als Mitglieder der "Roten Armee Fraktion" (RAF) dem Staat den Krieg erklärt. Gestützt auf ein Umfeld von Sympathisanten aus der Studenten- und Jugendbewegung, hatten die RAF-Terroristen vor allem die US-Armee in Deutschland im Visier. Als Antwort auf den "mörderischen Krieg" in Vietnam verübten sie mehrere Anschläge, bei denen insgesamt vier Menschen getötet wurden. Nach ihrer Festnahme rechnete die Öffentlichkeit mit einer Befriedung. Doch aus ihren Gemeinschaftszellen heraus versuchten die RAF-Gefangenen, den Prozess zu politisieren. Über Kassiber steuerten sie die Unterstützer draußen, im Gerichtssaal ließen sie den Konflikt unter anderem mit wüsten Beleidigungen gegen das Gericht eskalieren.
Vorsitzender Richter greift hart durch
Mit harter Hand versuchte der Vorsitzende Richter Theodor Prinzing den Prozess zu steuern – zuweilen am Rande der Legalität. Mit den Verteidigern lieferte er sich messerscharfe Redegefechte, entzog den Anwälten immer wieder das Wort. Sie hätten versucht, ein "erträgliches Verhandlungsniveau" zu erlangen, sagt der damalige Verteidiger Hans-Christian Ströbele im Film. Vergeblich.
Versöhnungszeichen Meinhofs nicht erkannt
Mit seiner starren Haltung unterliefen Prinzing auch Fehler. Auf ein Versöhnungszeichen von Ulrike Meinhof kurz vor ihrem Selbstmord in der Zelle reagierte Prinzing nicht. "Ich habe das damals nicht verstanden", sagt der 91-Jährige heute. Prinzing enthüllt im Film auch, dass die eigens für den Prozess erlassenen Sondergesetze auf Hinweise seines Gerichts zurückgingen. Oft agierte er hilflos, manchmal herrisch. Nach 84 Befangenheitsanträgen gab er schließlich auf.
Tochter Prinzings damals RAF-Sympathisantin
In dem Film sprechen der frühere Richter und seine Tochter Gabriele auch über das Drama, das die Familie Prinzing damals spaltete: Während der Vater über das Schicksal der RAF-Leute zu entscheiden hatte, gehörte die Tochter dem Kreis der Sympathisanten an. Ein Video zeigt Gabriele auf einer Solidaritätsveranstaltung für den bei einem Hungerstreik gestorbenen RAF-Häftling Holger Meins.
Prozess endete mit Selbsttötung der Gefangenen
Von einem "Prozess gegen eine ganze Generation" spricht der Theaterregisseur Claus Peymann, Gabriele Prinzing sieht das heute anders: "15 Jahre meines Lebens habe ich mich mit so einem Scheißdreck, mit so irrigen Gedanken auseinandergesetzt – und schäme mich dafür, dass ich keine Grenzen ziehen konnte." Am 18.10.1977 nahmen sich Baader, Ensslin und Raspe in Stammheim das Leben. Ein Urteil wurde nie rechtskräftig.