Reaktionen zum NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Führende Politiker und Verbände sehen sich trotz des Scheiterns des NPD-Verbotsantrags der Länder vor dem Bundesverfassungsgericht am 17.01.2017 ermutigt, weiter gegen Demokratiefeindlichkeit und Rassismus zu kämpfen. Das Verfassungsgericht habe deutlich gemacht, dass die Ideologie der NPD verfassungsfeindlich und mit dem Demokratieprinzip unvereinbar ist und damit ein klares politisches Signal gegen den Rechtsextremismus gesetzt, so der vorherrschende Tenor.

De Maizière: Weiter gegen Demokratiefeindlichkeit und Rassismus kämpfen

“Heute hat das Bundesverfassungsgericht den Antrag des Bundesrates, die NPD zu verbieten, zurückgewiesen. Wir werden uns also weiter mit dieser Partei, ihrer verfassungsfeindlichen Gesinnung und ihren verfassungsfeindlichen Zielen politisch auseinandersetzen. Unsere Auffassung, dass die Ideologie der NPD verfassungsfeindlich und mit dem Demokratieprinzip unvereinbar ist sowie die Menschenwürde missachtet, hat das Bundesverfassungsgericht heute deutlich bestätigt“, sagte Bundesinnenminister de Maizière (CDU) und kündigte an, mit allen “präventiven“  und “repressiven Möglichkeiten“ und der weiteren “Beobachtung der NPD durch die Verfassungsschutzbehörden“ gegen Demokratiefeindlichkeit und Rassismus zu kämpfen.

NPD bezeichnet gescheitertes Verbot als “Sieg“

Die NPD ist nach Überzeugung ihres Bundesvorsitzenden Frank Franz nach dem gescheiterten Verbotsverfahren politisch wieder voll handlungsfähig. “Unsere oberste Priorität war es, dass die NPD nicht verboten wird, das haben wir heute erreicht. Der Bundesrat ist gescheitert und darüber sind wir natürlich sehr glücklich“. Jahrelang sei erklärt worden, die NPD brauche man nicht zu wählen, weil sie verboten würde. Das sei jetzt beseitigt. “Das Argument, die NPD könnte verboten werden, verfängt nicht mehr“, sagte Franz.

Maas: Kein Verbot allein beseitigt Ausländerfeindlichkeit und Rassismus

"Wir nehmen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit größtem Respekt zur Kenntnis. Das Gericht hat die Grenzen für ein Parteiverbot klar gezogen und auch sehr deutlich gemacht: Das politische Konzept der NPD missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Unabhängig vom konkreten Ausgang des Verfahrens bleibt es dabei: Kein Verbot allein beseitigt Ausländerfeindlichkeit und Rassismus. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus kann uns niemand abnehmen. Klare Haltung gegen rechte Hetze zu zeigen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für uns alle", so Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).

Lammert: Urteil hat juristische und politische Bedeutung

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat die politische Bedeutung des Urteils im NPD-Verbotsverfahren hervorgehoben. "Ich begrüße, dass das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich feststellt, dass das politische Konzept der NPD verfassungsfeindlich ist, der von der NPD vertretene Volksbegriff die Menschenwürde verletzt und die NPD die freiheitliche demokratische Grundordnung auch mit Blick auf das Demokratieprinzip missachtet", sagte der CDU-Politiker“. Dies habe juristische und politische Bedeutung.

Bundesratspräsidentin: Verbotsverfahren war er richtige Weg

Auch wenn das Verfahren nicht zum Verbot der zutiefst rassistischen Partei geführt habe, steht für die Bundesratspräsidentin Malu Dreyer (SPD)außer Frage: "Es war wichtig! Nicht zuletzt um der Glaubwürdigkeit unserer wehrhaften Demokratie willen." Der Gang nach Karlsruhe sei aus Sicht der Länder mit Blick auf die Sicherheitslage wohlüberlegt und angemessen gewesen. Dies sei dadurch bestätigt, dass das Bundesverfassungsgericht nach eingehender inhaltlicher Prüfung keinerlei Zweifel an der Verfassungsfeindlichkeit der NPD habe. Mit Präventionsmaßnahmen und politischer Überzeugungsarbeit müsse der Kampf gegen den Rechtsextremismus konsequent fortgesetzt werden. “Vom Rechtspopulisten zum Rechtsextremisten ist es nur ein kleiner Schritt“, mahnte Dreyer. Die SPD-Politikerin Eva Högl hat die Ablehnung des NPD-Verbotsantrags als “sehr enttäuschend“ bezeichnet. “Eine positive Entscheidung wäre für unser Engagement gegen Rechts hilfreich gewesen, denn sie hätte die Partei als Organisation getroffen und auch die Finanzierung aus Steuergeldern beendet“, teilte Högl mit. Rechtsextremismus müsse weiterhin konsequent entgegen getreten werden.

Opposition: Kampf gegen Rechts geht weiter

Die NPD hat nach Meinung der Grünen im Bundestag wegen des Verbotsverfahrens zu viel Aufmerksamkeit erfahren. “Es ist eine Schrumpfpartei aus alten Nazis und Hatern", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. "Die NPD ist gefährlich, ja, natürlich, aber eben nicht so gefährlich, und das teile ich mit dem Bundesverfassungsgericht.“ Für die Grünen sei das Urteil der Richter ein Auftrag, “nicht nachzulassen im Kampf gegen Rechts.“ Die eigentliche Gefahr gehe von "den neuen Nazis" aus, die nicht in der NPD organisiert seien, und vom Rechtspopulismus. Auch Grünen-Chefin Simone Peter rief nach dem gescheiterten NPD-Verbotsantrag zu weiterem Engagement gegen Rechtsextreme auf. Auch der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger bedauerte, dass die NPD nicht verboten wird. “Die NPD wird das Urteil als Bestätigung empfinden und die Kreide die sie gefressen hat beiseitelegen. Angesichts der Verschiebung des öffentlichen Klimas nach rechts wird die NPD jetzt alles tun, das noch weiter zu befeuern.“

FDP-Vize Kubicki: NPD-Urteil offenbart “fachlichen Dilettantismus“

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Kubicki hat das BVerfG-Urteil vorrangig als SPD-Niederlage gewertet. “Wer - wie führende Sozialdemokraten - das politische Symbol zum überragenden Ziel aller seiner Überlegungen macht, wird am Ende einen politischen Scherbenhaufen hinterlassen.“ Im Karlsruher Urteil offenbare sich “fachlicher Dilettantismus allererster Güte“ seitens der Länder-Innenminister.

Auschwitz-Komitee:: Tragischer Tag für die Demokratie

Das Internationale Auschwitz Komitee (IAK) hat mit Entrüstung auf das Urteil reagiert. IAK-Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner sagte, die Entscheidung sei "für die Überlebenden des Holocaust eine empörende und erschreckend realitätsferne Entscheidung". Der Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank, sieht mit dem Scheitern des Verbotsverfahrens auch die Strategie in der Auseinandersetzung mit dem organisierten Rechtsextremismus gescheitert. Mit Verboten sei den wachsenden Herausforderungen für die Demokratie nicht beizukommen.

Zentralrat der Juden enttäuscht über Weiterbestehen der NPD

Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist über das Scheitern des NPD-Verbots enttäuscht. “Für die jüdische Gemeinschaft und andere Minderheiten sowie all jene, die nicht in das Weltbild dieser Partei passen, wäre ein Verbot sehr wichtig und ermutigend gewesen“, sagte Ratspräsident Josef Schuster in einer Mitteilung. “Wir können nur hoffen, dass die Verfassungsrichter damit Recht behalten. Angesichts der Erfolge rechtspopulistischer Parteien stellt sich die Frage, wie weit es kommen muss, bis eine Partei verboten wird“, sagte Schuster. Die Politik dürfe im Kampf gegen Rechtsextremismus nicht nachlassen.

Redaktion beck-aktuell, 17. Januar 2017 (dpa).