OVG Lüneburg: Nachbarn müssen Pferdezucht in durch Tierhaltungen stark vorbelastetem Gebiet hinnehmen

Im Rahmen eines Eilverfahrens hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg mit Beschlüssen vom 14.06.2017 entschieden (Az.: 1 ME 64/17; 1 ME 66/17), dass eine Baugenehmigung zur Erweiterung einer Pferdezucht vorerst nicht zu stoppen ist. Sie begründeten dies damit, dass in dem ohnehin durch Tierhaltungen vorbelasteten Gebiet die nur das halbe Jahr anwesenden Pferde keine unzumutbaren Gerüche hinzufügten.

Sachverhalt

Nachdem der Antragsgegner beabsichtigte, einem Pferdezüchter eine Baugenehmigung zur Erweiterung seiner Pferdezucht zu erteilen, benatragten die Nachbarn die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht gab ihnen Recht und stoppte die Erteilung der Baugenehmigung. Auf der Grundlage der bislang vorgelegten Geruchsgutachten stehe nicht sicher fest, dass die beiden Nachbarn des Pferdezüchters keinen unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt seien. Das sei nur dann der Fall, wenn auf ihren Grundstücken an nicht mehr als 15% der Jahresstunden Pferdegerüche wahrzunehmen seien. Das sehe die niedersächsische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) so vor. Die Antragsteller argumentierten zudem, es bestünden nach den vorliegenden Geruchsgutachten jedenfalls Zweifel daran, ob zugunsten des Pferdezüchters derselbe geringe “Gewichtungsfaktor“ anzulegen sei wie für Rinder.

OVG: Vorliegend keine Nachbarrechtsverletzung gegeben

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht ist zu einem anderen Ergebnis gekommen und hat die vorinstanzliche Eilentscheidung gekippt. Ein Nachbareilantrag könne erst Erfolg haben, wenn Überwiegendes für die Annahme spreche, dass die Baugenehmigung Nachbarrechte verletze. Das sei hier nicht der Fall. Der nach der GIRL maßgebliche Wert von 15% der Jahresstunden sei hier aus drei Gründen zugunsten der Pferdehaltung zu modifizieren: Pferde seien erstens nicht mit dem Gewichtungsfaktor 1, sondern aller Voraussicht nach nur mit dem Gewichtungsfaktor 0,5 (wie etwa für Rinder) anzusetzen, weil sie deutlich geringere Geruchsemissionen verursachten als Schweine.

Gebietsvorbelastungen erhöhen die Zumutbarkeitsschwelle

Da die Pferde nur etwa ein halbes Jahr im streitigen Stall gehalten werden, sei zweitens zugunsten des Züchters zu berücksichtigen, dass die Nachbarschaft das andere halbe Jahr nicht belästigt werde. Drittens: Die Pferde würden in einem durch Tierhaltungen stark vorbelasteten Gebiet gehalten. Das erhöhe die Pflicht der Nachbarn, Gerüche hinzunehmen.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 14.06.2017 - 1 ME 64/17

Redaktion beck-aktuell, 16. Juni 2017.