OLG Stuttgart: Privatperson darf keine Fotografien von im Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim ausgestellten Gemälden im Internet veröffentlichen

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat es einer Privatperson unter Androhung eines Ordnungsgeldes untersagt, Fotografien von im Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim ausgstellten Gemälden (weiterhin) in der Mediendatenbank Wikimedia Commons, die Mediendatenbank des Internet-Lexikons Wikipedia, hochzuladen und öffentlich zugänglich zu machen. Die Revision wurde zugelassen (Urteil vom 31.05.2017, Az.: 4 U 204/16).

Klage wegen in Wikimedia Commons verwendeter Fotografien

Verklagt hatte den Mann die Stadt Mannheim, die das Reiss-Engelhorn-Museum betreibt. Der Beklagte hatte – im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeit – Fotografien von Ausstellungsobjekten in Wikimedia Commons, die Mediendatenbank des Internet-Lexikons Wikipedia, hochgeladen. Zum einen handelt es sich um aus einem Katalog eingescannte Fotografien eines Angestellten der Stadt Mannheim, der als "Hausfotograf" für die Stadt tätig war. Zum anderen hat der Beklagte im Mai 2007 im Museum selbst Fotografien angefertigt.

Urteil der Vorinstanz im Wesentlichen bestätigt

Das OLG hat es dem Beklagten in beiden Fällen bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, untersagt, die Fotografien (weiterhin) in der Mediendatenbank Wikimedia Commons öffentlich zugänglich zu machen oder machen zu lassen und damit das vorinstanzliche Urteil des Stuttgarter Landgerichts (ZUM-RD 2017, 201) bestätigt. Nur in Bezug auf eine Fotografie, für die die Urheberschaft des "Hausfotografen" nicht nachweisbar war, hat das OLG das Urteil des LG Stuttgart abgeändert und die Klage abgewiesen.

OLG: Fotografien als Lichtbilder im Sinne des § 72 Abs. 1 UrhG zu qualifizieren

In der Urteilsbegründung führt das OLG hinsichtlich der eingescannten und hochgeladenen Fotografien unter anderem aus, dass diese jedenfalls als Lichtbilder im Sinne des § 72 Abs. 1 UrhG anzusehen seien. Ob die streitgegenständlichen Fotografien darüber hinaus auch als Lichtbilder im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG schutzfähig sind, habe das OLG offen lassen können.

Besonderer Schutz für Lichtbildwerke und Lichtbilder

Auch folgte das OLG nicht der Auffassung des Beklagten, der ihren Lichtbildcharakter in Frage stellte, da es seiner Meinung nach nur um die Abbildung des Gemäldes in möglichst identischer unveränderter Form gehe und das fotografierte Objekt nur substituiert werden solle. Das Gericht räumte ein, dass die möglichst exakte Fotografie eines Gemäldes  zwar auch eine Vervielfältigung des Gemäldes sei. Wegen des vom Gesetz vorgesehenen Schutzes für Lichtbildwerke und Lichtbilder sei aber ein eigenständiger Schutz notwendig, weil ansonsten der gesetzlich gewollte Werkschutz für die eigenständig geschaffene Fotografie leerlaufen würde, so das OLG weiter.

Auch selbst fotografierte Fotos unterliegen dem Urheberschutz

Bezüglich der vom Beklagten selbst gefertigten und hochgeladenen Fotografien leitete das OLG den Unterlassungsanspruch aus der sogenannten Sanssouci-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. dazu NJW 2011, 749) und aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Besichtigungsvertrag her. Der BGH hatte in mehreren Entscheidungen festgehalten, das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien von Bauwerken und Gartenanlagen stehe dem Grundstückseigentümer zu, soweit diese Abbildungen von seinem Grundstück aus angefertigt wurden (vgl. zuletzt BGH, GRUR 2015, 578). Da der BGH in dem genannten Urteil maßgeblich auf die Eigentumsrechte aus § 903 BGB abgestellt hat, bejahte das OLG die – bislang nicht höchstrichterlich geklärte – Frage der Übertragbarkeit dieser Grundsätze auf bewegliche Sachen.

Fotografieren verstieß auch gegen Besichtigungsvertrag

Zudem bestehe ein vertraglicher Unterlassungsanspruch auf Grundlage des Besichtigungsvertrags zwischen den Parteien bei dem maßgeblichen Museumsbesuch, so das OLG weiter. Die Beweisaufnahme habe bestätigt, dass Schilder mit durchgestrichener Kamera bereits im Mai 2007 angebracht waren. Das sich hieraus ergebende Fotografierverbot sieht das OLG als rechtlich wirksame Bedingung des Besichtigungsvertrags an.


OLG Stuttgart, Urteil vom 31.05.2017 - 4 U 204/16

Redaktion beck-aktuell, 21. Juni 2017.