OLG Nürnberg: Psychisch krankem Mörder steht wegen Unterbringung in ungeeigneter Einrichtung Schadensersatz zu

Ein verurteilter Mörder, der wegen psychischer Krankheit statt in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht war, hat Anspruch auf Entschädigung. Dies hat das Oberlandesgericht Nürnberg mit Urteil vom 12.04.2017 entschieden und folgt damit dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Az.:4 U 1824/16).

Sachverhalt

Der Kläger wurde im Oktober 1999 wegen Mordes zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt. Seit 18.07.2008 war der Kläger in der Sicherungsverwahrung untergebracht. Diese wurde zunächst in der JVA Straubing und seit 21.06.2013 in der Einrichtung für Sicherungsverwahrte in Straubing vollzogen. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Unterbringung rechtswidrig sei und hat erstinstanzlich vom Freistaat Bayern Entschädigung in Höhe von 44.500 Euro verlangt und die Feststellung beantragt, dass ihm weiterer Schadensersatz für die Zukunft zustehe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Auffassung der Zivilkammer lagen die vom Bundesverfassungsgericht geforderten strengen Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung vor. Dass der Kläger bis zu seiner Verlegung in die Einrichtung für Sicherungsverwahrte in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht gewesen sei, führe für sich genommen nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 5 EMRK.

Menschenrechtsverletzung teilweise vom Bund anerkannt

Gegen dieses Urteil legte der Kläger teilweise Berufung ein und machte nunmehr noch die Zahlung von 28.000 Euro Schadensersatz für den Zeitraum vom 18.07.2008 bis 21. 06.2013 geltend Der Kläger hat zudem beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde erhoben. Der Gerichtshof hat am 07.02.2017 entschieden, die Sache aus dem Register zu streichen, soweit es um die Sicherungsverwahrung des Klägers im Zeitraum vom 06.05.2011 bis einschließlich 20.06.2013 ging. Hinsichtlich dieses Zeitraums hat die Bundesrepublik Deutschland anerkannt, dass Art. 5 und 7 der Menschenrechtskonvention verletzt worden seien, da der Kläger in einer Justizvollzugsanstalt und nicht in einer geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen sei. Die Bundesrepublik hat sich insoweit zu der Zahlung von 12.500 Euro verpflichtet.

OLG: Kläger war nicht in geeigneter Einrichtung untergebracht

Das Oberlandesgericht hat dem Kläger auf seine Berufung hin teilweise Recht gegeben und ihm einen Betrag in Höhe von 6.800 Euro zugesprochen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei die Freiheitsentziehung einer Person wegen psychischer Krankheit nur dann im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK rechtmäßig, wenn sie in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung erfolge. Im streitgegenständlichen Zeitraum sei der Kläger jedoch nicht in einer derart geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen.

OLG Nürnberg, Urteil vom 12.04.2017 - 4 U 1824/16

Redaktion beck-aktuell, 25. April 2017.