OLG Naumburg bestätigt Freisprüche für Tierschützer nach Filmaufnahmen im Schweinestall

Drei Mitglieder einer Tierschutzorganisation, die in einen Schweinestall eingedrungen waren, um Verstöße gegen die Haltungsbedingungen zu dokumentieren, bleiben straffrei. Das Oberlandesgericht Naumburg hat mit Urteil vom 22.02.2018 die Revision der Staatsanwaltschaft gegen ein Berufungsurteil des Landgerichts Magdeburg verworfen, durch das ein Freispruch der Angeklagten von dem Vorwurf des gemeinschaftlichen Hausfriedensbruchs bestätigt worden war. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig (Az.: 2 Rv 157/17).

Anzeige bei der zuständigen Behörde schien nicht erfolgversprechend

Nach den Feststellungen des LG bekamen die Angeklagten einen Hinweis, dass in den Stallungen eines Tierzuchtunternehmens diverse Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung vorliegen sollten. So seien insbesondere die Kastenstände für Schweine deutlich zu klein. Aus vorherigen Fällen verfügten die Angeklagten über die Erfahrung, dass eine Anzeige bei der zuständigen Behörde ohne dokumentierte Beweise nicht erfolgversprechend war.

Mitgefühl für Tiere als Motivation

In den Nachtstunden des 29.06. und des 11.07.2013 überstiegen jeweils zwei der Angeklagten die Umzäunung der Anlage und betraten über geöffnete Türen die Ställe, um dort Filmaufnahmen zu fertigen. Sie stellten Verstöße gegen die vorgeschriebenen Haltungsbedingungen fest und dokumentierten diese filmisch. Die Angeklagten handelten hierbei auf Grund ihres stark ausgeprägten Mitgefühls für Tiere mit dem Ziel, die zuständigen staatlichen Stellen dazu zu veranlassen, auf die Einhaltung der Tierschutzregeln hinzuwirken. In der Folgezeit legten sie das Filmmaterial den zuständigen Behörden vor und erstatteten Strafanzeige gegen die verantwortlichen Personen des Tierzuchtunternehmens. Im Zuge der hierdurch veranlassten behördlichen Kontrollen in den Stallungen wurden diverse Verstöße gegen die Tierschutznutztierhaltungsverordnung festgestellt.

Hausfriedensbruch durch Notstand gerechtfertigt

Das Amtsgericht Haldensleben hatte die Angeklagten freigesprochen. Die dagegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft hatte sodann das LG Magdeburg verworfen. Allerdings hätten die Angeklagten den objektiven Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt, weil sie in das befriedete Besitztum des Tierzuchtunternehmens eingedrungen seien. Die Verletzung des Hausrechts sei jedoch unter anderem unter dem Gesichtspunkt des Notstandes gerechtfertigt gewesen.

Tierwohl als geeignetes Rechtsgut

Der Zweite Strafsenat des OLG hat auch die Revision der Staatsanwaltschaft jetzt als unbegründet verworfen. Das Gericht hat die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung bestätigt, wonach rechtfertigender Notstand vorlag. Das Tierwohl stelle ein notstandsfähiges Rechtsgut dar, dem durch die von den Angeklagten dokumentierten Missstände dauerhafte Gefahr gedroht habe. Die Tat sei zur Abwendung der Gefahr erforderlich gewesen, weil mit einem Eingreifen der zuständigen Behörden nach den zuvor erzielten Erfahrungen nicht zu rechnen gewesen sei. Das von den Angeklagten geschützte Tierwohl sei im vorliegenden Fall deutlich höher zu bewerten als das verletzte Hausrecht. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Gefahr für das von den Angeklagten geschützte Tierwohl vom Inhaber des Hausrechtes ausgegangen war.

Redaktion beck-aktuell, 23. Februar 2018.