OLG Köln: Ankettung an Privatgleise eines Tagebauunternehmens als Störung öffentlicher Betriebe strafbar

Auch Privatbahnen und private Kraftwerke sind "öffentliche Betriebe“ im Sinn des § 316b Abs. 1 Nr. 2 StGB, wenn sie der öffentlichen Versorgung eines bestimmten Gebietes mit Energie dienen. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden und die Verurteilung eines Klimaaktivisten wegen der Störung öffentlicher Betriebe bestätigt, der sich an Privatgleise des Tagebaus Hambach gekettet hatte. Dass es dadurch zu keiner Störung des Kraftwerkbetriebs gekommen war, erachtete das Gericht als irrelevant, da es sich bei § 316b Abs. 1 Nr. 2 StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handele. Die Entscheidung ist letztinstanzlich ergangen (Urteil vom 26.08.2016, Az.: III – 1 RVs 186/16).

Ankettung behinderte Schienen- und Bahnverkehr

Der Aktivist, ein zur Tatzeit 27 Jahre alter Niederländer, hatte sich am 01.08.2014 an die Gleise der Privatbahnstrecke gekettet, die den Tagebau Hambach mit Kraftwerken und Brikettfabriken im Rhein-Erft-Kreis verbindet. Nachdem zunächst von Aktivisten an zwei Stellen der Gleisschotter beseitigt worden war, kettete sich der Angeklagte so an das Gleis, dass seine Arme in einem Stahlrohr gefesselt waren. Innerhalb des Stahlrohres waren Gipsfesseln angelegt, woran eine kleine Kette mit einem Schloss befestigt war. Die ausgebreiteten Arme befanden sich in einem rechten Winkel. Durch die Ankettung wurde der Schienen- und Bahnverkehr der Privatbahnstrecke der RWE AG behindert. Bahnen mit mehreren Tonnen Kohle mussten zurückgehalten werden. Bevor die Kohlevorräte der Kraftwerke des Rhein-Erft Kreises erschöpft waren und ohne dass diese ihren Betrieb unterbrechen mussten, konnte der Angeklagte nach knapp zwei Stunden von einer technischen Einsatzeinheit der Polizei von den Gleisen gelöst werden.

Verurteilung wegen "Störung öffentlicher Betriebe"

Amts- und Landgericht hatten den Angeklagten wegen des Straftatbestands der "Störung öffentlicher Betriebe" gemäß § 316b Abs. 1 Nr. 2 StGB zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Das OLG Köln hat jetzt die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Auch Privatbahnen und private Kraftwerke fielen unter den Schutz des Straftatbestandes, wenn sie, wie hier, der öffentlichen Versorgung eines bestimmten Gebietes mit "Kraft", also Energie, dienten.

Anketten an Gleis als Veränderung einer dem Betrieb dienenden Sache

Die weitere Voraussetzung für eine Strafbarkeit, dass der Angeklagte "eine dem Betrieb dienende Sache verändert" habe, sei ebenfalls erfüllt, führt das OLG weiter aus. Denn "Verändern" setze keinen beschädigenden Eingriff in die Sachsubstanz voraus. Vielmehr sei dieses Tatbestandsmerkmal bereits dann erfüllt, wenn ohne Einwirkung auf die Substanz der Anlage der bisherige Zustand durch einen anderen ersetzt und hierdurch deren Funktionsfähigkeit gemindert werde. In diesem Sinn sei auch das Anketten an die Gleisstrecke eine "Veränderung" der Sache.

Unterbrechung des Kraftwerkbetriebs nicht erforderlich

Die Aktion habe die Anlage auch "gestört", obwohl die Kraftwerke ihren Betrieb nicht unterbrechen mussten. Denn bereits die Gleise gehörten zu der vom Strafgesetz geschützten "Anlage" in ihrer Gesamtheit. Denn sie gehörten zur Infrastruktur, mit der die Kraftwerke versorgt und bevorratet würden. Die Benutzung der Gleise sei vom Angeklagten gestört worden. Da es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt handele, sei eine Unterbrechung des Kraftwerkbetriebs keine Voraussetzung für eine Strafbarkeit.

OLG Köln, Beschluss vom 26.08.2016 - 1 RVs 186/16

Redaktion beck-aktuell, 6. Dezember 2016.