OLG Braunschweig erkennt rechtliche Elternschaft für Leihmutterkind aus USA nicht an

Lässt ein Ehepaar auf vertraglicher Grundlage ein Kind durch eine Leihmutter in den USA austragen, sind sie in Deutschland auch dann nicht als rechtliche Eltern anzusehen, wenn ein US-Gericht die Elternschaft anerkannt hat. Wie das Oberlandesgericht Braunschweig mit Beschluss vom 12.04.2017 entschieden hat, verstößt eine solche kommerzielle Leihmutterschaft gegen wesentliche Grundsätze des nationalen Rechts (Az.:1 UF 83/13).

Sachverhalt

Das in Deutschland lebende Ehepaar schloss - vermittelt über eine Agentur - mit der späteren Leihmutter und ihrem Ehemann in den USA einen Vertrag zur entgeltlichen Schwangerschaftsaustragung. Ein US-Gericht im Bundesstaat Colorado entschied auf dieser Grundlage noch vor der Geburt der Zwillingskinder, dass das deutsche Ehepaar als Auftraggeber der Leihmutterschaft nach der Geburt der Kinder zu deren rechtlichen Eltern bestimmt sei. Die in Colorado ausgestellten Geburtsurkunden der von der Leihmutter ausgetragenen Zwillingskinder weisen das deutsche Ehepaar als rechtliche Eltern aus. Diese leben seit Ende 2011 gemeinsam mit den beiden Kindern in Deutschland. Das Amtsgericht lehnte die Anerkennung der Elternschaft ab. Das Ehepaar legte Beschwerde ein.

OLG: Rechtliche Elternschaft kann nicht auf vertragliche Grundlage gestützt werden

Das OLG hat die Beschwerde des Ehepaars zurückgewiesen. Die Anerkennung der Entscheidung des US-Gerichts würde zu einem Ergebnis führen, das mit den wesentlichen Grundsätzen des nationalen Rechts unvereinbar wäre. Die rechtliche Elternschaft könne nach deutschem Recht grundsätzlich allein auf Abstammung und Adoption, nicht hingegen auf vertragliche Grundlage gestützt werden. Das Ehepaar habe durch die kommerzielle vertragliche Vereinbarung zur Leihmutterschaft für sie erkennbar gegen in Deutschland geltende Verbote nach dem Embryonenschutzgesetz und dem Adoptionsvermittlungsgesetz gehandelt.

Kommerzielle Leihmutterschaft verletzt gesetzlichen Schutz von Kindern und Müttern

Diese bewusste Umgehung der nationalen Gesetze durch Ausnutzung der Rechtsordnung eines anderen Staates stehe der nachträglichen Anerkennung eines dem deutschen Recht entsprechenden Elternstatus grundsätzlich entgegen. Der deutsche Gesetzgeber habe bei den gesetzlichen Regelungen zur Grenzziehung der Reproduktionsmedizin erkennbar den Schutz der betroffenen Frauen und der gezeugten Kinder vor damit einhergehenden Gefahren kommerziellen Handelns über die Wünsche von Auftraggebern nach Elternschaft gestellt. Die vertraglich vereinbarte kommerzielle Leihmutterschaft verletze in ihrer konkreten Ausgestaltung in mehrfacher Hinsicht den vom nationalen Gesetzgeber verfolgten besonderen Schutz von Kindern und Müttern.

US-Gericht entschied ohne Anhörung der Leihmutter

Mit diesem werde gerade den Werteentscheidungen des Grundgesetzes zugunsten der Menschenwürde, des Lebens und der Wahrung des Kindeswohls in besonderer Weise Rechnung getragen. Neben der konkreten Ausgestaltung der vertraglichen Vereinbarungen sowie der Umstände ihres Zustandekommens sei insbesondere der psychischen Bindung der Schwangeren zu ihren ausgetragenen Kindern nur unzureichend Rechnung getragen worden, da die Entscheidung des US-Gerichts in Colorado ohne Anhörung der Leihmutter und noch vor der Geburt ergangen war.

OLG Braunschweig, Beschluss vom 12.04.2017 - 1 UF 83/13

Redaktion beck-aktuell, 20. April 2017.