LSG Stuttgart: Bereitschaftsärzte können Nachtdienst in Klinik als sozialversicherungsfreie Tätigkeit ausüben

Bereitschaftsärzte können den Nachtdienst in einer Klinik im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausüben, ohne dass Sozialabgaben fällig werden. Das hat das baden-württembergische Landessozialgericht in Stuttgart kürzlich zu Gunsten einer klagenden Klinik entschieden, die sich damit erfolgreich gegen eine Beitragsforderung in Höhe von rund 20.000 Euro gewehrt hatte, die nach einer Betriebsprüfung von der Deutschen Rentenversicherung festgesetzt worden war (Urteil vom 23.05.2017, Az.: L 11 R 771/15).

Für Nachtdienst Pauschale vereinbart

Eine psychosomatische Akutklinik hatte mit neun Ärzten Rahmenverträge über den Einsatz als freie Mitarbeiter geschlossen. Es ging jeweils um die Tätigkeit als Bereitschaftsarzt im Nachtdienst an einzelnen Tagen von 17 Uhr bis 8 Uhr des darauffolgenden Tages. Für den Nachtdienst erhielten sie eine Einsatzpauschale je Einsatztag (zwischen 200 Euro und 300 Euro). Während der Nachtzeit hielt sich kein angestellter Klinikarzt in der Klinik auf. Zudem fanden in dieser Zeit keine Therapien statt.

Rentenversicherung sieht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit

Nach einer Betriebsprüfung forderte die Deutsche Rentenversicherung von der Klinik Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 20.000 Euro für den Zeitraum 12/2006-12/2010 nach. Die Bereitschaftsärzte übten dieselbe Tätigkeit aus, wie fest angestellte Ärzte und seien faktisch in die Klinikorganisation eingebunden. Es liege eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vor. Die Klinik klagte gegen den Bescheid, verlor jedoch in erster Instanz, das das Sozialgericht Freiburg sich der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung anschloss. Die Berufung der Klinik war dagegen erfolgreich.

LSG: Nachtdienst mit nur basismedizinischer Versorgung

Die LSG-Richter haben den Sachverhalt in entscheidenden Punkten anders bewertet als die erste Instanz und die Beitragsnachforderung aufgehoben. Es habe keine Weisungsrechte der Klinik hinsichtlich der Dienstzeiten gegeben, so das Gericht. Die Bereitschaftsärzte hätten selbst bestimmen können, an welchen Tagen sie zum Einsatz kommen wollen. Die Klinik habe ihnen keine Einsatztage vorgegeben, sondern nach den Vorgaben der Bereitschaftsärzte, die zum Teil auch eigene Arztpraxen führten, den Dienstplan aufgestellt. Da nachts ohnehin keine Therapien durchgeführt wurden, sei es nur um eine basismedizinische Versorgung gegangen, die anders organisiert werden konnte als der Klinikalltag. Für etwaige nächtliche psychische Krisensituationen habe ein Facharzt in Rufbereitschaft zur Verfügung gestanden, die Bereitschaftsärzte hätten keine eigene Behandlung durchgeführt.

Bereitschaftsärzte nicht in Klinikalltag eingebunden

Ferner waren die Bereitschaftsärzte laut Berufungsgericht nicht in die tägliche routinemäßige Versorgung der Patienten oder in die Klinikorganisation eingebunden und mussten – anders als die fest angestellten Ärzte - weder an Dienst- oder Teambesprechungen noch an Weiterbildungen teilnehmen.

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.05.2017 - L 11 R 771/15

Redaktion beck-aktuell, 20. Juni 2017.