LSG Niedersachsen-Bremen: Schwangerschaftsbedingter Einkommensverlust darf sich bei Elterngeld nicht auswirken

Die Berechnung des Elterngeldes erfolgt grundsätzlich nach dem Durchschnittseinkommen der letzten zwölf Monate vor dem Mutterschutz. Dieser Zeitraum verschiebt sich bei schwangerschaftsbedingtem Einkommensverlust ausnahmsweise zugunsten der Mutter. Entscheidend sei, ob die Mutter ohne die Erkrankung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit einen höheren Verdienst erzielt hätte, so das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 22.08.2018 (Az.: L 2 EG 8/18, BeckRS 2018, 22355)

Neueinstellung scheitert an Risikoschwangerschaft

Geklagt hatte eine Hotelfachfrau, deren Arbeitsplatz nach langer Mobbingsituation gekündigt wurde. Die Frau bemühte sich danach um eine neue Anstellung und war bei zwei Arbeitgebern zum Probearbeiten. Zu einer Einstellung kam es nicht, da die Frau mit Zwillingen schwanger wurde und ihre Frauenärztin ein Beschäftigungsverbot wegen Risikoschwangerschaft aussprach. Nach der Geburt der Zwillinge berechnete die Behörde das Elterngeld einschließlich des Nulleinkommens in den Monaten zwischen Jobverlust und Geburt. Denn die Ursache des Einkommensverlustes liege nach ihrer Ansicht in der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses und nicht in der Risikoschwangerschaft. Das rechnerische Durchschnittseinkommen der Frau war dadurch rund 1.000 Euro niedriger.

LSG: Schwangerschaftsbedingter Einkommensverlust darf nicht zu geringerem Elterngeld führen

Nach erfolglosem Klageverfahren hat das LSG der Frau in zweiter Instanz Recht gegeben. Bei der Bemessung des Elterngeldes komme es maßgeblich auf den Zusammenhang zwischen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung und einer dadurch bewirkten Minderung des Erwerbseinkommens an. Dies sei danach zu beurteilen, ob die Mutter ohne die Erkrankung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit einen höheren Verdienst erzielt hätte. Zur Überzeugung des Gerichts hätte die Frau ohne die Risikoschwangerschaft wahrscheinlich eine neue Arbeit gefunden. Denn sie habe sich als erfahrene Mitarbeiterin in einem Gewerbe mit großem Fachkräftebedarf intensiv bemüht und habe schon zur Probe gearbeitet. Weitere gesundheitliche Einschränkungen habe sie nicht gehabt. Ob die Frau – wie die Behörde meinte – die Aufhebung des vorherigen Arbeitsverhältnisses grob fahrlässig verschuldet habe, sei ohne Relevanz.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.08.2018 - L 2 EG 8/18

Redaktion beck-aktuell, 24. September 2018.