LSG Niedersachsen-Bremen: Hartz-IV-Empfänger kann nach vorübergehender Anstellung zweite Übergangsfrist für Senkung der Wohnkosten erhalten

Für große und teure Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern muss das Jobcenter nicht die volle Miete tragen. Dieser Grundsatz gilt aber nicht unbegrenzt, wie aus einem Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27.07.2018 hervorgeht. Wer zwischenzeitlich gearbeitet hat und danach erneut Grundsicherungsleistungen erhält, könne gegebenenfalls eine zweite Übergangsfrist beanspruchen, um für eine Reduzierung der Wohnkosten zu sorgen (Az.: L 11 AS 561/18 B ER, BeckRS 2018, 18260).

Zu hohe Wohnkosten zunächst reduziert

Zugrunde lag das Eilverfahren eines 51-jährigen Mannes aus Hannover, der seit dem Auszug von Frau und Kind in einer großen Wohnung allein lebte. Nachdem er auch noch seine Arbeit im Online-Marketing verloren hatte und die Leistungen des Arbeitsamts erschöpft waren, bezog er Grundsicherungsleistungen ("Hartz IV"). Das Jobcenter forderte ihn auf, die viel zu hohen Wohnkosten binnen einer Frist von sechs Monaten zu senken, was durch Untervermietung an eine Studentin zeitweilig gelang.

Nach kurzfristiger Anstellung erneut arbeitslos

Sodann fand der Antragsteller eine neue Arbeitsstelle und konnte sich die Wohnung wieder leisten. Nach fünf Monaten der Probezeit kündigte der Arbeitgeber und der Antragsteller war erneut hilfebedürftig. Das Jobcenter wollte jetzt nur noch die Kosten einer angemessenen Wohnung übernehmen. Hierauf habe es bekanntlich schon einmal hingewiesen. Demgegenüber sah sich der Mann als "Neufall", der eine neue Aufforderung und eine neue Frist erfordere. Außerdem verwies er auf den angespannten Wohnungsmarkt in Hannover.

Warn- und Hinweisfunktion wurde bereits erfüllt

Das LSG hat dem Mann vorläufig eine weitere Frist von drei Monaten zur Kostensenkung eingeräumt. Zwar sei er durch die vorherige Kostensenkungsaufforderung auf die zu hohen Kosten hingewiesen worden und auch die sechsmonatige Übergangsfrist sei bereits abgelaufen. Die Aufforderung behalte auch für die Zukunft ihre Warn- und Hinweisfunktion und müsse daher nicht wiederholt werden. Dem Leistungsempfänger seien die zu hohen Kosten bei unveränderter Wohnsituation bestens bekannt.

LSG gewährt nach kurzfristiger Kündigung erneut Übergangsfrist

Allerdings müsse eine Kostensenkung nach den Umständen des Einzelfalls auch tatsächlich möglich sein. Da der Mann für einige Monate gearbeitet hatte, habe er sich in dieser Zeit nicht um eine günstigere Wohnung bemühen müssen. Nach der kurzfristigen Kündigung sei ein weiterer zeitlicher Vorlauf nötig, um die Kosten zum Beispiel durch Umzug oder Untervermietung zu senken. Hierfür sei eine weitere Frist von drei Monaten erforderlich, aber auch ausreichend.

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.07.2018 - L 11 AS 561/18 B ER

Redaktion beck-aktuell, 20. August 2018.