LSG München: Jobcenter muss Kosten für Zahnbehandlung mit zweifelhafter Wirksamkeit nicht übernehmen

Für Gesundheitsleistungen müssen sich auch Hilfebedürftige an ihre Krankenkasse wenden. Wie das Landessozialgericht München mit Beschluss vom 09.03.2017 betonte, müssen Jobcenter nur in Ausnahmefällen zusätzlich zu den Leistungen der Krankenkasse Leistungen erbringen, wenn diese von den Krankenkassen nicht übernommenen Kosten "unabweisbar", also unbedingt notwendig sind. Das bedeute jedoch nicht, dass sie verpflichtet sind, Gesundheitskosten für jede Art von Wunschmedizin zu übernehmen, so die Richter (Az.: L 7 AS 167/17 B ER, BeckRS 2017, 105653).

Behandelbarkeit nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht geklärt

Die Leistungsberechtigte leidet an einer seltenen Krankheit am Zahnkiefer, einer cranio-mandibulären Dysfunktion (CMD), deren Behandelbarkeit nach aktuellem Stand der Wissenschaft nicht geklärt ist. Die Wirksamkeit von Heilverfahren, die auf CMD spezialisierte Ärzte anwenden, ist bislang nicht nachgewiesen. Deswegen übernehmen Krankenkassen die hierfür anfallenden Kosten nicht. Schulmedizinische, von den Krankenkassen auch gezahlte Hilfen im Hinblick auf die Folgen der Erkrankung, insbesondere schmerztherapeutische Ansätze, lehnte die Leistungsberechtigte ab und forderte stattdessen vom Jobcenter die Übernahme von Kosten, die bei der Behandlung durch einen CMD-Spezialisten anfallen.

Kausaler Zusammenhang erforderlich

Das LSG hat (ebenso wie in der Vorinstanz das Sozialgericht Augsburg) den Antrag auf Übernahme der Kosten für die CMD-Behandlung im Eilverfahren abgelehnt. Zwar sei es nicht ausgeschlossen, dass Gesundheitskosten, die von der Krankenkasse nicht übernommen würden, vom Jobcenter im Rahmen der Sicherstellung des Existenzminimums zu übernehmen seien. Voraussetzung hierfür sei aber, dass die Mehrbedarfe unabweisbar seien. Nur wenn eine hinreichende medizinische und ärztliche Indikation vorliege, komme die Übernahme von Kosten für gesundheitsbedingte Mehrbedarfe in Betracht. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Erkrankung und der Notwendigkeit der Heilmittel sei erforderlich.

Gericht verweist auf fehlende medizinische Belege

Daran fehle es hier. Medizinische Belege für die Wirksamkeit der von CMD-Spezialisten angewendeten Methoden zur Behandlung gebe es nicht. Insoweit handle es sich um eine Wunschmedizin, die vom Steuerzahler nicht finanziert werden müsse.

LSG München, Beschluss vom 09.03.2017 - L 7 AS 167/17 B ER

Redaktion beck-aktuell, 16. Juni 2017.