LG Köln: Eine Million Euro Entschädigung für Altkanzler Kohl

Altkanzler Helmut Kohl hat vor Gericht eine Rekord-Entschädigung von einer Million Euro erstritten. Das Buch "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle" habe das Persönlichkeitsrecht des 87-Jährigen schwer verletzt, entschied das Landgericht Köln am 27.04.2017. Es bestätigte das Verbot von 116 Textpassagen des Bestsellers. Darin ging es um vertrauliche Äußerungen Kohls über andere bekannte Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens (Az.: 14 O 286/14, 14 O 323/15 und 14 O 261/16 ).

Urteil noch nicht rechtskräftig

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens sowie des Verlags hatten schon vorher angekündigt, die Entscheidung anzufechten, falls Kohls Klage stattgegeben werden sollte.

Höhe der Entschädigungssumme ist Rekord

In dem Zivilverfahren hatte Kohl die Autoren Schwan und Jens sowie den Heyne-Verlag aus der Verlagsgruppe Random House auf fünf Millionen Euro verklagt. Die bisher höchsten Summen, die für schwere Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch unzulässige Veröffentlichungen zugesprochen wurden, bewegten sich um die 400.000 Euro. Die Summe von einer Million Euro ist daher ein Rekord.

Zusammenarbeit zwischen Kohl und Schwan endete mit Streit

Die beanstandeten Aussagen stammen aus Gesprächen, die Kohl 2001 und 2002 mit Schwan geführt hatte, damit der Journalist als Ghostwriter die Memoiren des Altkanzlers verfassen konnte. Schwan nahm die Gespräche auf Kassette auf. Bevor der vierte und letzte Band erscheinen konnte, zerstritten sich die beiden. Schwan veröffentlichte daraufhin eigenmächtig ein Buch mit pikanten Äußerungen Kohls aus ihren Gesprächen. Sie betrafen unter anderem die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel und die früheren Bundespräsidenten Christian Wulff und Richard von Weizsäcker. Das Buch wurde 2014 ein Bestseller. Kohl klagte jedoch dagegen und erreichte, dass es in der vorliegenden Form nicht mehr ausgeliefert werden durfte.

Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflicht verletzt

Nach Überzeugung des Gerichts durfte nur Kohl selbst entscheiden, welche seiner Aussagen veröffentlicht werden sollten und welche nicht. Als Ghostwriter sei Schwan zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen, erläutert der Vorsitzende Richter Martin Koepsel. Viele Zitate seien zudem aus dem Zusammenhang gerissen. Und mehr noch: Einiges habe Kohl gar nicht so gesagt. "Das gilt beispielsweise für grobe Schimpfwörter. Das findet sich einfach nicht wieder." Erschwerend hinzu kommt für das Gericht, "dass der Kläger sich kaum noch äußern kann". Helmut Kohl kann sich nicht mehr verteidigen. Damit hätten sich die Autoren noch zu seinen Lebzeiten die Deutungshoheit über ihn angemaßt, und dies mit teils verfälschten Zitaten. Dem müsse "eine spürbare Konsequenz" folgen, sagt Richter Koepsel. Schwan selbst hatte immer erklärt, wenn Kohl etwas wirklich Vertrauliches gesagt habe, habe er ihn jedes Mal aufgefordert, den Kassettenrekorder auszustellen.

 

LG Köln, Urteil vom 27.04.2017 - 14 O 286/14

Redaktion beck-aktuell, 27. April 2017 (dpa).