Rechtsausschuss: Härtere Strafen für Einbrecher unter Experten umstritten

Die Absicht von Bundesregierung und Koalitionsfraktionen, Einbrüche in Privatwohnungen härter zu bestrafen, ist bei einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die identischen Gesetzentwürfe von CDU/CSU- und SPD-Fraktion (BT-Drs. 18/12359) sowie der Bundesregierung (BT-Drs. 18/12729) sollen einen neuen Straftatbestand des Einbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung schaffen. Die Mindeststrafe soll ein Jahr betragen, einen minder schweren Fall soll es nicht mehr geben.

Nachträgliche Funkzellenabfrage für Handys von Einbrechern

Bisher sieht das Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor, in minder schweren Fällen von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Durch die Erlaubnis einer rückwirkenden Funkzellenabfrage bei Einbrüchen in dauerhaft genutzte Privatwohnungen soll zudem die Fahndung nach Einbrecherbanden erleichtert werden.

Rechtsanwalt verweist auf Rückläufigkeit von Wohnungseinbrüchen

Der Berliner Rechtsanwalt Stefan Conen sieht diesen Vorstoß "den Schlagzeilen geschuldet". Tatsächlich sei die Zahl der Wohnungseinbrüche seit Jahren rückläufig, eine Verschärfung daher nicht gerechtfertigt. Zumindest aber müsse der minderschwere Fall beibehalten werden. Conen nannte das Beispiel des hinausgeworfenen Bewohners einer Wohngemeinschaft, der mit einem Nachschlüssel eindringe und etwas mitnehme, von dem er glaubt, dass es ihm zusteht. In einem solchen Fall könne der Richter nach der Neuregelung nicht anders, als ihn zu einem Jahr Haft zu verurteilen.

Weisser Ring für geplante Strafschärfung

Dagegen begrüßte Roswitha Müller-Piepenkötter, Bundesvorsitzende der Hilfsorganisation für Verbrechensopfer Weisser Ring die Strafverschärfung. Ein Wohnungseinbruch sei mehr als ein Eigentumsdelikt. Durch das Eindringen in die Privatsphäre werde ein Grundrecht verletzt. Eine Belastung für die Opfer sei sowohl die geringe Aufklärungsquote als auch die häufige und sehr schnelle Einstellung der Verfahren. Dies sei nach der Neuregelung nicht mehr möglich.

Polizeigewerkschaft begrüßt Möglichkeit der Telekommunikationsüberwachung

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, kam zu derselben Einschätzung. Derzeit hätten seine Kollegen das Gefühl, den Erwartungen der Opfer nicht gerecht werden zu können. Malchow begrüßte im Übrigen die vorgesehene Möglichkeit, Handy-Verkehrsdaten auszulesen. Dies werde helfen Serientäter zu erkennen.

BGH-Richter kritisiert Formulierung "dauerhaft genutzte Privatwohnung"

Der Richter am Bundesgerichtshof Ulrich Franke wies darauf hin, dass der im Gesetzentwurf vorgesehene Strafrahmen immer noch mild sei im Vergleich beispielsweise zu Raubdelikten. Als problematisch bezeichnete Franke jedoch, wie auch eine Reihe anderer Sachverständiger, die Formulierung "dauerhaft genutzte Privatwohnung". Allerdings gab er sich zuversichtlich, dass die Rechtsprechung hier für eine genauere Definition sorgen werde.

Forum für Kriminalprävention: Höherer Strafrahmen für Täter irrelevant

Gerd Neubeck, Vorstand des von Bund und Ländern getragenen Deutschen Forums für Kriminalprävention, bezweifelte, dass der schärfere Strafrahmen Täter beeindruckt. "Sie kennen ihn in der Regel nicht, und er interessiert sie auch nicht, da sie nicht mit einer Festnahme rechnen." Allerdings erwarte er dadurch, dass die Neuregelung mehr Möglichkeiten in der Strafverfolgung eröffnet, eine höhere Aufklärungsquote, sagte Neubeck.

Oberstaatsanwalt sieht dagegen Abschreckungspotential

Was die Wirkung auf Einbrecher angeht, kam der Münchener Oberstaatsanwalt Thomas Weith zu einer anderen Einschätzung. Diese träfen sehr wohl eine Risiko-Nutzen-Analyse, meinte er. Auf Fragen, ob die neuen Möglichkeiten der Telekommuniskationsüberwachung von den Ermittlern überhaupt personell bewältigt werden könnten, antwortete Weith, man müsse ja nicht in jedem Fall auf sie zurückgreifen. Man habe dann aber die Möglichkeit, "in entscheidenden Verfahren alle erfolgversprechenden Maßnahmen einzusetzen".

Ehemaliger Kriminalbeamter: Maßnahmen laufen wegen geringen Entdeckungsrisikos ins Leere

Wenig bis nichts hält dagegen der ehemalige Kriminalbeamte Thomas Wüppesahl, der auch für die Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen sprach, von dem Gesetzentwurf. Professionell tätige Einbrecher hätten ein Entdeckungsrisiko von unter 5%, deshalb liefen die Maßnahmen ins Leere. Es sei "Tagträumerei, eine relevante Täterzahl abschrecken zu können".

Redaktion beck-aktuell, 22. Juni 2017.