Gesetzeslücke bei medizinischen Zwangsbehandlungen soll geschlossen werden

Die Bundesregierung will eine Regelungslücke im Zusammenhang mit dem Genehmigungsverfahren für lebenswichtige medizinische Zwangsbehandlungen schließen. Wie der Pressedienst des Bundestags berichtete, ist ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 18/11240) jetzt dem Bundestag zugegangen. Die Lücke war durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26.07.2016 (MedR 2017, 122) offenbar geworden. Es geht, wie die Bundesregierung ausführt, um betreute Personen, "die einer ärztlichen Maßnahme mit natürlichem Willen widersprechen, obgleich sie auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der ärztlichen Maßnahme nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln können", die aber "ohne die medizinisch indizierte Behandlung einen schwerwiegenden gesundheitlichen Schaden erleiden oder sogar versterben".

Beschränkung auf untergebrachte Betreute verfassungswidrig

Nach geltendem Recht kann der Betreuer eine solche Zwangsbehandlung "nur im Rahmen einer freiheitsentziehenden Unterbringung", also in einer geschlossenen Anstalt, veranlassen. In den Fällen, in denen der Betreute nicht in der Lage oder willens ist, sich durch Flucht zu entziehen, in denen eine "freiheitsentziehende Unterbringung" daher nicht geboten ist, kann auch die notwendige Behandlung nicht erzwungen werden, wie die Regierung ausführt. Das BVerfG habe nun entschieden, "dass diese Schutzlücke mit der aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar ist".

Patientenverfügungen sollen Vorrang haben

Mit dem vorgeschlagenen "Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten" soll daher "die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme von der freiheitsentziehenden Unterbringung entkoppelt" werden. Im Übrigen sollen die Voraussetzungen so streng bleiben wie bisher. So soll die richterliche Genehmigung an eine stationäre Unterbringung in geeigneten Einrichtungen gebunden bleiben, eine ambulante Zwangsbehandlung also weiterhin nicht erlaubt sein. Durch einen ausdrücklichen Vorrang von Patientenverfügungen soll zudem das Selbstbestimmungsrechts von Betreuten gestärkt werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Gesetz drei Jahre nach Inkrafttreten evaluiert wird, unter anderem in Hinblick auf "die Wirksamkeit der Schutzmechanismen".

Redaktion beck-aktuell, 24. Februar 2017.