Gerichtspräsidenten dringen auf Wahrung der Rechtsstaatlichkeit auch in Polen und der Türkei

Im Rahmen ihrer 69. Jahrestagung haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Kammergerichts und des Bundesgerichtshofs deutlich besorgt über die justizpolitischen Entwicklungen in Polen sowie die fortdauernde Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze in der Türkei gezeigt. Im Rahmen ihrer über 20 Punkte umfassenden Tagesordnung haben die Teilnehmer auch über weitere Themen diskutiert.

Ausreichende Personalausstattung für intensivere Pressearbeit gefordert

Die Präsidentinnen und Präsidenten haben zudem die steigende Bedeutung einer aktiven Pressearbeit der Gerichte betont und die Landesjustizverwaltungen zu einer intensiven Unterstützung der Pressearbeit der Gerichte auch durch eine angemessene Personalausstattung aufgefordert.

Standards für zivilrechtliche Großverfahren diskutiert

Über Möglichkeiten einer effektiveren Verfahrensgestaltung unter anderem in zivilrechtlichen Großverfahren haben die Teilnehmer unter Hinzuziehung von Vertretern der anwaltlichen Praxis intensiv diskutiert. Der Gesetzgeber und die Justizpraxis seien gleichermaßen aufgerufen, die Attraktivität auch zivilrechtlicher Großverfahren etwa durch eine frühzeitige Strukturierung der Verfahren, eine Stärkung der mündlichen Verhandlung und des Kammer- beziehungsweise Senatsprinzips sowie eine fortdauernden Qualifizierung der Richter durch ein entsprechendes Fortbildungsangebot weiter zu steigern.

Konzentration von Gerichtszuständigkeiten befürwortet

Weiter haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten für die Möglichkeit einer die Bundesländer übergreifenden Konzentration von Zuständigkeiten zur Sicherung der Qualität und Effizienz der Rechtsprechung durch Spezialisierung und eine Entfristung der seit 2002 in § 26 Nr. 8 EGZPO normierten Regelung zur Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH ausgesprochen. Änderungsbedarf bei den bestehenden Rechtswegzuweisungen sehen die Präsidentinnen und Präsidenten hingegen nicht. Vielmehr seien die bestehenden Rechtswegzuweisungen sachlich gerechtfertigt und hätten sich seit vielen Jahren bewährt.

Präsidenten offen für alternative Strafsanktionen

Im Rahmen ihrer über 20 Punkte umfassenden Tagesordnung haben die Präsidentinnen und Präsidenten auch über alternative Strafsanktionen, so etwa den Führerscheinentzug bei Nichtverkehrsdelikten diskutiert. Sie zeigten sich für diese zusätzliche Sanktionsmöglichkeit grundsätzlich offen – auch, weil es dem jeweiligen Richter obläge, im konkreten Einzelfall über die Sinnhaftigkeit der Anwendung zu entscheiden.

Redaktion beck-aktuell, 29. Mai 2017.